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# taz.de -- Ex-Spex-Chef über Corporate Publishing: "Ich hatte noch nie so vie…
> Der frühere "Spex"-Chefredakteur Max Dax leitet nun das Telekom-Magazin
> "Electronic Beats" - und fühlt sich darin als Avantgarde.
Bild: "Es ist kein Geheimnis, dass das Magazin die Sponsoring-Aktivitäten der …
taz: Herr Dax, warum sind Sie von der diskursprägenden Zeitschrift Spex ins
Corporate Publishing gewechselt, zur ungeliebten Telekom?
Max Dax: Wer sagt denn, dass man im Corporate Publishing keine Diskurse
prägen kann? Mich reizte die Internationalität. [1][Electronic Beats]
erscheint in weiten Teilen Europas, in englischer Sprache. Das ist eine
Herausforderung.
Anders gefragt: In Medienkreisen steht man privaten Geldgebern sehr
kritisch gegenüber. Hatten Sie gar keine Bedenken?
Natürlich hatte ich Bedenken. Aber werfen Sie doch einmal einen Blick auf
den Kunstbetrieb: Für Museen ist Sponsoring zu einem wichtigen Bestandteil
der Finanzierung geworden. Wieso sollte es also im Medienbereich nicht okay
sein?
Der wesentliche Kritikpunkt ist sicherlich der Verlust der redaktionellen
Unabhängigkeit.
Guter Journalismus kostet Geld. Man muss allerdings offenlegen, woher es
kommt - und das tun wir bereits auf dem Cover. Der Leser dürfte umso
positiver überrascht sein, wenn er im Heft auf Autoren wie Hans Ulrich
Obrist, Glenn OBrien oder den Hacker-Guru Steven Levy trifft.
Nun kann ja das Telekom-Label auf dem Cover nicht alles sein. Versuchen Sie
sich diesem Thema auch im Heft zu stellen?
Das versuchen wir tatsächlich. In jedem Editorial von Electronic Beats
führen Hans Ulrich Obrist und ich ein Gespräch weiter, in welchem es um
genau diese Problematik geht - einen Konzern im Rücken zu haben, der sich
mit Geld eine Zeitschrift leistet, die einen Imagegewinn zurückwirft auf
die Marke. Der Leser kann in dem Moment damit umgehen, wenn er weiß, woran
er ist. Problematisch wird es immer dann, wenn gemauschelt wird.
Der Konzern sitzt nicht mit am Konferenztisch?
Es ist kein Geheimnis, dass das Magazin die Sponsoring-Aktivitäten der
Telekom im Bereich der elektronischen Musik abbildet - im aktuellen Heft
betrifft dies Interviews mit Dieter Meier, Caribou, Marc Collin und Panda
Bear. Dafür wurde das Magazin ins Leben gerufen. Die Frage lautet stets:
Was macht man daraus?
Gibt es neben den wirtschaftlichen auch inhaltliche Vorteile?
Blattmacherisch kann ich sagen: Ich hatte noch nie so viele Freiheiten.
Nehmen wir das Beispiel Antizyklizität: Wir fühlen uns nicht an den
Veröffentlichungskalender der Medienindustrie gebunden. In der aktuellen
Ausgabe plädiert Hans Ulrich Obrist dafür, die Belletristik von Édouard
Glissant endlich ins Deutsche zu übersetzen. Inhaltliche Freiheit kann sich
auch darin artikulieren, einen Artikel über ein Buch zu veröffentlichen,
das es hierzulande nicht zu kaufen gibt.
Bewerten Sie den Aspekt der Antizyklizität nicht über?
Ganz im Gegenteil. Die Diskussion über die Zukunft der Printmedien ist auch
eine der freiwilligen Gleichschaltung. Seit einigen Jahren gibt es den
besorgniserregenden Trend, dass sich die Zeitschriften vom Themenmix immer
mehr annähern - ganz zu schweigen vom Trend zum "Wohlfühljournalismus", der
auch zum Ziel hat, es sich nicht mit potenziellen Anzeigenkunden zu
verderben. Je unberechenbarer ein Titel inhaltlich wird, desto
interessanter und relevanter wird er. Die Frage lautet doch: Wie hoch ist
der Erkenntnistransfer? Wenn ich mit Alexander Kluge im Angesicht von
Fukushima und Demonstrationsüberwachung über die Bedeutung von Maskierung
und Vermummung spreche, dann gibt es diesen Transfer. Zumal in einem Heft,
in dem man es so vielleicht nicht erwartet hätte.
Denken Sie, dass es die Zukunft sein wird, sich einen großen Geldgeber zu
suchen, der das eigene Magazin finanziert?
Mäzenatentum ist eine denkbare Vision. Was spricht gegen Stiftungen, die
etwa von reichen Künstlern finanziert werden, denen der genannte
Wissenstransfer elementar wichtig ist? Ziel müsste es sein, Redakteure und
Autoren so gut zu bezahlen, dass sie von ihrer Arbeit leben können. Dem
Verlag käme eine modifizierte Rolle zu: Befreit von den Redaktionskosten,
könnte das Geld in Produktion, Vertrieb und Vermarktung gesteckt werden.
Eine Trennung von Inhalt, Distribution und Produktion könnte für viele
Printmagazine ein realistischer Weg in die Zukunft sein, denn es gibt in
diesem Modell nur Gewinner.
Wirklich? Oder spricht da nur ein Selbstvermarkter, der jede sich bietende
Gelegenheit nutzt, um öffentlichkeitswirksam Diskurse loszutreten.
Ich wundere mich eher darüber, wie wenig dieser Diskurs geführt wird. Es
gibt meiner Ansicht nach die Verpflichtung, das eigene Medium zu
reflektieren. Es gibt online die Problematik der On-Demand-Kultur, die dem
Leser zunehmend nur noch die Inhalte herausfiltern wird, die er angeblich
lesen möchte. In diesem Kontext muss die Frage nach der Zukunft der
Printmedien öffentlich gestellt werden.
18 Aug 2011
## LINKS
[1] http://issuu.com/eb_magazine/docs/ebmag_26
## AUTOREN
Lukas Dubro
## TAGS
spex
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