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# taz.de -- Kommentar Berlin-Boom: Wo es in Berlin wirklich brennt
> Ein paar abgefackelte Autos können die Lebensqualität Berlins nicht
> mindern. Der Tod bunten Lebens sind vielmehr hohe Mieten. Die Politik
> verschließt sich dieser Binsenweisheit.
Berlin, Berlin, nie war die Begeisterung über die Kapitale der alternativen
Lebenskultur größer als in diesen Tagen. Der Billigfliegertourismus boomt,
ebenso der Immobilienmarkt, denn in der Mauermetropole steigen zwar die
Preise, aber Bier und Wohnungen sind immer noch vergleichsweise günstig.
Und alles ist so friedlich hier. Wie in kaum einer anderen Großstadt kann
man sich in Berlin rund um die Uhr weitgehend gefahrlos bewegen.
Aber nicht alle sind vom Run der weltweiten Mittelschicht auf Berlin
begeistert. Bei vielen Altberlinern macht sich Unbehagen breit: Wie lange
können wir uns das Leben in "unserer" Gegend noch leisten? Die Berliner
Löhne sind ja auch niedrig. Entsprechend wird über Touristen inzwischen
genauso routinemäßig geschimpft wie über das grausliche Wetter.
Gleichzeitig brennen des Nachts immer wieder Autos. Gibt es eine Verbindung
zwischen dem Touri-Überdruss der Alteingesessenen, den steigenden Mieten
und den nächtlichen Brandstiftungen? Wird es in der Partyhochburg jetzt
doch noch gefährlich?
I wo! So primitiv und falsch es ist, anderer Leute Autos abzufackeln, die
Lebensqualität der Neu- und Altberliner wird durch diese Gewalt nicht
nachhaltig gemindert werden. Zwanzig ausgebrannte Pkws alleine können keine
4-Millionen-Stadt umkrempeln. Dafür braucht es dann doch einen etwas
ausgefeilteren politischen Sachverstand, braucht es andere Akteure. Womit
wir bei der Berliner Politik wären. Wird sie diese Auswüchse zum Anlass
nehmen, sich endlich wieder für die soziale Durchmischung der
Innenstadtviertel einzusetzen?
Hohe Mieten sind der Tod des bunten Lebens. Das ist überall in der Welt zu
besichtigen. Doch die Berliner Politikkaste verschließt sich dieser
Binsenweisheit. Mietpreisbindungen, Milieuschutz - bis vor rund zehn Jahren
gehörte das noch zum politischen Repertoire, heute sind solche
Regulierungsverfahren tabu. Die Brandstifter werden das nicht ändern.
Denn ihr pseudopolitisches und selbstgerechtes Gebaren wird ihnen in der
Mittelschicht keine Freunde machen. Die aber braucht eine Stadt, will sie
sich gegen ihren Ausverkauf wehren. Schon lässt die in Berlin chancenlose
CDU Wahlplakate mit brennenden Autos drucken; Merkel steht hilfreich zur
Seite. Nicht die Autos sind das Thema, es ist die grassierende soziale
Verdrängung.
18 Aug 2011
## AUTOREN
Ines Kappert
## TAGS
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
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