Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Reform der Agrarsubventionen: Umweltschutz à la carte
> Die EU will ihre Förderpolitik für Landwirte ändern. Zur für 2013
> geplanten Agrarreform hat die Kieler Landwirtschaftsministerin Ideen
> vorgelegt.
Bild: Sollen allein keine Förderung mehr einbringen, wenn es nach der EU geht:…
KIEL taz | Kein leichtes Jahr für die Bauern im Norden: Auf das trockene
Frühjahr folgte der Regensommer, nun schimmelt das Getreide auf den Äckern,
weil sich die Landwirte mit ihren Mähmaschinen nicht auf die nassen Böden
wagen.
Einen finanziellen Totalschaden muss aber niemand fürchten: Praktisch jeder
Hof kassiert Subventionen - in Schleswig-Holstein im Schnitt pro Hektar 346
Euro oder pro Betrieb rund 23.300 Euro im Jahr, insgesamt 370 Millionen
Euro. Seit Jahren überlegt die EU, das System zu verändern, 2013 soll die
große Agrarreform in Kraft treten.
Am gestrigen Donnerstag stellte die Kieler Landwirtschaftsministerin
Juliane Rumpf (CDU) ihre Vorschläge vor. Vorsichtiges Lob gab es sowohl vom
Bauernverband als auch von Umweltschützern. Allerdings ist unklar, ob die
Ideen aus Kiel in Brüssel Gehör finden.
"Die Verhandlungen gehen in die entscheidende Runde, daher ist jetzt die
Zeit für Vorschläge", sagte Rumpf. "Ich will mitgestalten können. Wenn ich
mich verweigere, geht das nicht."
Einer der zentralen Punkte der Reform ist, dass Bauern künftig eine
"Vergütung der kollektiven Dienstleistungen, die sie für die Gesellschaft
erbringen", erhalten, wie es im Entwurf der EU-Kommission heißt. Gemeint
sind Umwelt-, Boden- oder Klimaschutz.
Zurzeit liegt die Idee auf dem Brüsseler Tisch, dass von Sizilien bis zum
Nordkap ähnlich gewirtschaftet werden solle. Dagegen stellt Ministerin
Rumpf ein Modulsystem: Die Landwirte sollen wählen, ob sie zum Beispiel
Wiesen nicht mehr umpflügen, auf Winterdüngung verzichten oder innovative
Techniken einführen.
Neun Module enthält der Katalog, drei müsste jeder Landwirt wählen, wenn er
gefördert werden will. Generell will Rumpf eine Förderung aus "Basisprämie"
und "Öko-Komponente". Auch soll Bürokratie abgebaut werden, unter anderem
durch weniger Kontrollen - dies solle für die Bereiche gelte, die ohnehin
gut überwacht würden.
Werner Schwarz, Präsident des Landes-Bauernverbandes, lehnt die Koppelung
an den Umweltschutz generell ab. Wenn das sogenannte Greening dennoch
komme, so "könnten die Kieler Vorschläge geeignet sein", sagte er. Wichtig
sei die Flexibilität.
Auch Ingo Ludwichowski vom Naturschutzverband Nabu in Schleswig-Holstein
findet: "Die Vorschläge klingen vernünftig. Man muss schauen, wie es genau
ausgestaltet wird, aber es ist ein Fortschritt." Es sei aber fraglich, ob
Rumpf sich durchsetzen könne - in der eigenen Partei, im Bund und erst
recht auf europäischer Ebene.
Laut Rumpf gibt es bundesweit "weitreichende Übereinstimmung", nur in
Details seien die Länder auseinander. Besonders reformskeptisch sei
Niedersachsen, ist aus ihrem Ministerium zu hören.
Hans-Jörg Lüth vom BUND verweist auf das Grundproblem: "Steuergeld dafür,
dass jemand wirtschaftet und sich an Regeln hält, kann eigentlich nicht
sein." Geld solle es nur für echte Extra-Leistungen geben. Ungerecht sei,
wenn konventionelle Landwirte durch das "Greening" mehr erhielten als
Bio-Bauern - deren Förderung hat Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr
drastisch gekürzt.
Das Land Schleswig-Holstein profitierte bisher selbst stark von
Agrarförderung. Als 2009 die Fördersummen offengelegt werden mussten, fand
sich das Land auf dem zweiten Platz - als Grund wurde der teure Deichbau
genannt. An erster Stelle stand die Südzucker AG in Mannheim mit 34
Millionen Euro.
18 Aug 2011
## AUTOREN
Esther Geisslinger
## ARTIKEL ZUM THEMA
EU-Kommissar bei der Grünen Woche: Bloß nicht zu viel fordern!
EU-Landwirtschaftskommissar Dacian Ciolos warnt vor zu viel Rücksicht auf
die Natur. Wer nicht durchsetzbare Ökoauflagen will, könnte am Ende alles
verlieren.
Subventionen in der Landwirtschaft: Wer viel hat, bekommt noch mehr
Der Vorschlag der EU, die Agrarsubventionen für Großbetriebe zu begrenzen,
wird in Deutschland weniger als 100 Betriebe treffen. Bauern fordern eine
gerechtere Verteilung.
Nabu und BUND kritisieren Energiepolitik: Regierung versagt bei Energieeffizienz
Schlechte Noten für Ramsauer, Rösler und Aigner. Nabu und BUND ziehen eine
negative Halbzeitbilanz der Koalition. Nur Umweltminister Röttgen steht in
etwas besserem Licht da.
Kommentar Agrarsubventionen: Gleichheit geht nicht
Egal ob schlechtes Wetter, EHEC-Gemüse oder Ekel-Fleisch: Bauern fordern
stets Subventionen. Da sind Umwelt-Auflagen keine Zumutung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.