# taz.de -- Grüne sehen Verfassungsbruch: Bundeswehr an Libyen-Krieg beteiligt | |
> Elf deutsche Soldaten helfen der Nato bei der Auswahl von Zielen für | |
> Luftangriffe in Libyen. Nun wird heiß dikutiert, ob die deutsche | |
> Beteiligung verfassungswidrig ist. | |
Bild: Laut Verteidungsministerium treffen deutsche Offiziere im Libyenkrieg deu… | |
BERLIN/GELTOW dpa | Die Beteiligung von Bundeswehrsoldaten an der Auswahl | |
von Bombenzielen in Libyen wird möglicherweise zum Fall für das | |
Bundesverfassungsgericht. | |
Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele beharrte am Freitag darauf, | |
dass der Bundestag der Entsendung von elf Soldaten der Luftwaffe in die | |
Nato-Einsatzführung hätte zustimmen müssen. "Lenkt die Bundesregierung | |
nicht ein, müsste gegebenenfalls erneut das Bundesverfassungsgericht die | |
Rechtslage klarstellen", erklärte er. | |
Ströbele argumentiert, dass die Soldaten nicht einfach in den Stäben | |
belassen wurden, wie es Verteidigungsminister Thomas de Maizière behauptet, | |
sondern eigens für den Libyen-Einsatz nach Italien geschickt wurden. Er | |
sprach von einem "adhoc-Einsatz der Bundeswehr zu konkreten Kriegszwecken". | |
Deutschland nehme mit der Entsendung der Soldaten in die Nato-Stäbe "aktiv" | |
am Libyen-Krieg teil. | |
## Die Deutschen entscheiden nichts | |
Das Verteidigungsministerium teilte auf eine parlamentarische Anfrage mit, | |
dass die Soldaten in den zuständigen Nato-Hauptquartieren in Italien unter | |
anderem bei der Auswahl von Zielen für die Luftangriffe auf Libyen im | |
Einsatz seien. Sie würden allerdings keine Entscheidungsfunktionen | |
wahrnehmen. | |
Deutschland hatte sich im UN-Sicherheitsrat bei der Abstimmung über den | |
Libyen-Einsatz enthalten und ist nicht mit Einsatzkräften daran beteiligt. | |
Aus Awacs-Aufklärungsflugzeugen der Nato wurden deutsche Soldaten sogar | |
abgezogen. | |
## Mitarbeit in NATO-Stäben selbstverständlich | |
Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte den Einsatz | |
dagegen. "Die Auffassung von Herrn Ströbele ist rechtsirrig", sagte er am | |
Rande eines Festakts zum zehnjährigen Bestehen des Einsatzführungskommandos | |
in Geltow bei Potsdam. "Andernfalls können wir aus der Nato austreten." | |
Die Mitarbeit in Nato-Stäben, die Bereitstellung von Infrastruktur für den | |
Einsatz sei "selbstverständlich". Das bedürfe auch keines | |
Bundestagsmandats. "Das ist auch durch die Rechtsprechung des | |
Bundesverfassungsgerichts gesichert." | |
## SPD: "Nichtbeteiligung eine Farce" | |
Unterstützung erhält Ströbele von der SPD: Sie kritisiert Außenminister | |
Guido Westerwelle (FDP). "Die jetzt bekannt gewordene Beteiligung deutscher | |
Soldaten bei der Auswahl militärischer Ziele in Libyen entlarvt die | |
großspurigen Ankündigungen von Außenminister Westerwelle, sich unter keinen | |
Umständen am Libyen-Einsatz zu beteiligen, als Farce", sagte der | |
stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler, am | |
Freitag in Berlin. Westerwelles Nein sei endgültig als Wahlkampfmanöver | |
enttarnt worden. | |
Allerdings hat die SPD keine verfassungsrechtlichen Bedenken. An | |
Operationen des transatlantischen Bündnisses seien immer deutsche Soldaten | |
in irgendeiner Form beteiligt, ob mit oder ohne Bundestagsmandat, sagte der | |
verteidigungspolitische Fraktionssprecher Rainer Arnold der dpa. | |
Die mit der Führung des Libyen-Einsatz befassten Nato-Hauptquartiere | |
befinden sich in Neapel und in Poggio Renatico in Norditalien. Für den | |
Libyen-Einsatz forderte die Nato laut Bundesverteidigungsministerium | |
insgesamt 250 Soldaten zur Verstärkung an, von denen 11 von der Bundeswehr | |
gestellt werden. | |
19 Aug 2011 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Libyen-Einsatz: Konsens der Verlogenheit | |
Es ist naiv zu glauen, dass Kriege nur von denen geführt werden, die den | |
Finger am Abzug haben. Die militärpolitische Diskussion in Deutschland ist | |
verlogen. | |
Krieg in Libyen: Sahara-Rebellen eröffnen vierte Front | |
Aufständische aus dem afrikanischen Toubou-Volk haben eine Stadt nahe des | |
Tschad erobert. Sie sind eine der nichtarabischen und diskriminierten | |
Minderheiten Libyens. | |
Krieg in Libyen: Gaddafi will angeblich nach Südafrika | |
Einem Zeitungsbericht zufolge ist der libysche Machthaber krank und will | |
sich behandeln lassen. Doch Südafrika ist Mitglied des Internationalen | |
Strafgerichtshofs und müsste ihn festnehmen. | |
Rebellen in Libyen: Pläne für Tag X | |
Die Aufständischen in Libyen rücken Stück für Stück auf Tripolis vor. Klar | |
wird auch, wie sie die Stadt einnehmen möchten und was sie für die Zeit | |
danach planen. | |
Kommentar Libyen: Das Regime ist am Ende | |
Die Nato sollte ihre Kampfhandlungen einstellen, um eine Lösung am | |
Verhandiungstisch zu ermöglichen. Auch gilt es jetzt, auf die Rebellen | |
mäßigend einzuwirken. | |
Krieg in Libyen: Scud-Rakete ins Nirgendwo | |
Die Rebellen nähern sich Tripolis und Machthaber Gaddafi greift zu | |
drastischen Mitteln: Erstmals ließ er Richtung Brega eine | |
Kurzstreckenrakete abfeuern. |