Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommentar Ende des Grünen Höhenflugs: Trügerische Umfragen
> Beim Grünen Wahlsieg in Baden-Württemberg kam vieles glücklich zusammen.
> In Berlin fehlen gleich mehrere Faktoren zu einem Erfolg für Künast.
Berlin ist nicht Baden-Württemberg. Dieser Satz klingt banal, aber er
umreißt sehr genau, was die Grünen gerade schmerzhaft erfahren. Nach dem
historischen Sieg in Stuttgart schien vielen Grünen alles möglich zu sein:
die Machtübernahme in der Hauptstadt, ein eigener Kanzlerkandidat,
Augenhöhe mit den Großparteien CDU und SPD. Doch der Berliner Wahlkampf mit
der grünen Spitzenkandidatin Renate Künast zeigt, wie vorsichtig die Partei
mit ihrem neuen Selbstbewusstsein umgehen muss. Und wie trügerisch Umfragen
sind.
In Baden-Württemberg kamen mehrere Faktoren zusammen, die den Sieg der
Grünen ermöglichten: Winfried Kretschmann - bodenständig, katholisch,
Mitglied im Schützenverein - passt zu dem Bundesland wie die Spätzlereibe
auf den Kochtopf. Er profitierte von der Wechselstimmung im Ländle, und vom
Grünen-Hoch infolge der Fukushima-Katastrophe im Bund. Künast kommt in
Berlin nicht nur deshalb auf keinen grünen Zweig, weil sie mehrmals
inhaltlich stolperte und ihr Typ nicht recht zum lässigen Lebensgefühl der
Stadt passt.
Sondern auch, weil sie unter völlig anderen Bedingungen antritt. Gegen eine
linke Regierung, gegen einen beliebten Amtsinhaber, ohne grünenaffines
Großthema im Bund. Deshalb ist es wenig überraschend, dass sie in Umfragen
immer weiter hinter die SPD zurückfällt. Im Moment spricht einiges dafür,
dass Künast nach der Wahl nur zwei wahrscheinliche Machtoptionen hat:
Entweder sie baut auf Grün-Schwarz mit einer gestrig und provinziell
tickenden CDU, was in einer Stadt mit einer strukturellen linken Mehrheit
ein beträchtliches Risiko wäre. Oder sie rät ihrer Partei zur
Juniorpartnerschaft mit der SPD.
Von der Euphorie nach der Baden-Württemberg-Wahl - jetzt wird auch die
Hauptstadt grün! - wäre in beiden Konstellationen nicht mehr viel übrig.
Wenn sich also Lehren aus der speziellen Berliner Situation ziehen lassen,
dann diese: Selbst ein Dauerhoch in den Umfragen ist vergänglich, und viele
Faktoren bestimmen, ob es sich in Wahlergebnissen spiegelt. Oder, um es mit
der derzeit angesagten Sprache der Märkte zu sagen: Die Grünen wurden lange
über Wert gehandelt. Ihnen könnte nun, da es um Europa- und Finanzthemen
geht, auch im Bund eine Abwertung bevorstehen. Denn in Krisenzeiten
flüchten Wähler oft zu altvertrauten Parteien.
19 Aug 2011
## AUTOREN
Ulrich Schulte
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Hauptstadt-Wahlkampf: Blaues Auge für Renate
Im Streit um Grün-Schwarz zerlegt sich die Partei derzeit selbst. Aber
genau das könnte ihre Spitzenkandidatin Renate Künast vor dem Totalabsturz
retten.
Wahlkampf in Berlin: Schwere Tage für Künast
Drei Wochen vor der Berliner Wahl bröckelt bei den Grünen die Unterstützung
für ihre Spitzenkandidatin. Denn die Parteilinke lehnt ein grün-schwarzes
Bündnis strikt ab.
Die Spitzenkandidatin der Berliner Grünen: Die Kämpfe der Künast
Die Grüne Renate Künast will Berlin regieren - und ihr Wahlkampf läuft
nicht gerade optimal. Aber Erfolg hatte sie früher gerade dann, wenn es
gegen sie lief. Was ist diesmal anders?
Grünes Promi-Schaulaufen in Berlin: Künasts krampfiger Kampf
Winfried Kretschmann gibt seiner Parteifreundin Renate Künast Schützenhilfe
im Wahlkampf. Die vergleicht sich mit Joschka Fischer - und will bis zur
letzten Minute kämpfen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.