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# taz.de -- NACHHALTIGKEIT VERMITTELN: Keine Angst vorm Klimawandel
> Eine Bremer PR-Agentur "verkauft" die Folgen der Erderwärmung, zum Teil
> finanziert mit öffentlichen Mitteln. Der Geschäftsführer erklärt, wie das
> funktioniert.
Bild: Diesen Sommer in der Parkallee: Eine Überschwemmung stoppt noch keinen K…
taz: Herr Lieberum, macht ein verregneter Sommer Ihre Arbeit zunichte? Ihre
PR-Agentur "verkauft" den Klimawandel, den viele jetzt wieder bezweifeln.
Andreas Lieberum: Stimmt, es ist unter diesen Umständen schwieriger, die
Realität der Erderwärmung zu vermitteln. Das liegt daran, dass wir das
Klima nicht spüren können, weil es sich dabei um einen gemittelten Wert
über einen Zeitraum von 30 Jahren handelt. Wir nehmen nur sehr subjektiv
die vielen kleinen Wetterhäppchen wahr, die das Klima ausmachen. Ich bin
mir sicher, dass die meisten Leute sagen werden, "2011 war ein richtig
kaltes Jahr" und am Ende wird sich zeigen, dass die Durchschnittstemperatur
nicht unter der des Vorjahres liegt.
Wie vermitteln Sie den Klimawandel?
Wir müssen versuchen, für unsere jeweilige Zielgruppe den Klimawandel in
einen Handlungskontext zu packen, sie selbst herausfinden zu lassen, was er
für sie bedeutet. Bei einer künstlerischen Arbeit mit Schülern kam heraus,
dass sie den Klimawandel als Bedrohung für ihre Zukunft erleben, sie haben
das bildlich als große Welle dargestellt, die über sie herein bricht.
Dabei werden wir diese Welle kaum abbekommen.
Ja, wir sind in dieser Hinsicht vom Glück geküsst. Andere Regionen sind
jetzt schon von den Folgen der Erderwärmung betroffen. Außerdem sind wir
weniger verwundbar, da wir die finanziellen und logistischen Mittel haben,
um uns auf Veränderungen einzustellen. Als vor zwei Wochen nach dem
Starkregen alles überflutet war, dauerte es nicht lange und die Tunnel
waren wieder leer. In anderen Ländern hätte so ein Wetterereignis
katastrophale Folgen.
Aber Sie könnten die negativen Folgen stärker hervor heben. Stattdessen
heißt es in einer Filmreihe, die über den Klimawandel im Nordwesten
informieren soll: "Keine Panik".
Ich glaube, dass man mit einem Bedrohungsszenario nicht weiter kommt, dass
Menschen dann die Schotten dicht machen. Es gab in den 70ern eine
drastische Kampagne gegen das Rauchen mit Fotos von Krebsgeschwüren. Aber
sie hatte keinen Effekt, die Leute haben nicht weniger geraucht. Wir
versuchen, das Ganze spielerisch anzugehen, es muss schließlich auch einen
Spaßfaktor haben.
Mal ehrlich: Haben Sie keine Bauchschmerzen, wenn Sie bei dem Thema so
etwas sagen?
Doch. Aber solange ich keine Beweise habe, dass eine Schlagdrauf-Kampagne
mehr bringt, versuche ich, zumindest einen Teil unserer Zielgruppen auf
eine Weise zu erreichen, die nicht frustriert, sondern Anreize zum Handeln
bietet.
Auch zur Änderung des eigenen Verhaltens?
Das wissen wir nicht, weil wir es nicht untersuchen.
Wie gehen Sie privat damit um? Fliegen Sie?
Selten. Ich finde es okay, wenn man ein Land kennen lernen will: Ich war
selbst im letzten Jahr mit meinen Kindern in den USA. Bedenkenswert finde
ich es, wenn man in die Türkei fliegt in ein Full-Service-Hotel, um dem
vermeintlich schlechten Wetter hier zu entfliehen. In jedem Fall sollte man
die CO2-Belastung kompensieren - auch wenn das ein moderner Ablasshandel
ist, der aber dem Klimaschutz zugutekommt.
Wie deutlich sprechen Sie mit Ihren Kunden über solche Themen?
Sehr deutlich, das nehme ich mir heraus. In einem Fall wollte ein
Unternehmen seinen Umweltbericht von uns texten und gestalten lassen. Da
habe ich mir vorher angeguckt, ob das alles so stimmt, wie es behauptet
wird.
Und lehnen Sie es ab, eine umweltfeindliche Hochglanzbroschüre zu drucken?
Nein, das können wir uns nicht leisten, das entscheidet der Kunde. Aber
viele wissen gar nicht, wie gut das Recycling-Papier mittlerweile ist, das
empfehle ich dann, genau so CO2-zertifizierte Druckereien. Und wenn wir
eine Veranstaltung planen, dann verweisen wir auf Bio-Caterer und
berechnen, wie viel CO2 eine Veranstaltung produziert und schlagen vor, das
als Geldwert in den Klimafonds einzuzahlen.
Und können Sie Ihre Kunden umstimmen?
Meistens ja.
Kann man sagen, dass Sie vom Klimawandel profitieren? Sie verdienen Ihr
Geld damit.
Ja, wir bieten eine Dienstleistung an, die nachgefragt wird. Das ist gut
für insgesamt 15 Menschen, die hier arbeiten - angefangen haben wir zu
zweit. Aber bevor ich 1994 die Agentur mit meinem Kollegen gegründet habe,
habe ich mich schon zehn Jahre privat mit dem Thema Umweltschutz
beschäftigt.
22 Aug 2011
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Überschwemmung
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