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# taz.de -- Französische Blogger über Libyen: Frankreichs Sieg über „Kadha…
> Freude bei den Befürwortern des Einsatzes in Libyen, Erleichterung bei
> allen. Französische Journalisten und Blogger diskutieren über EU, Öl und
> Intellektuelle.
Bild: Gaddafi, der Dresscode-König.
„Der Krieg in Libyen hat Frankreich letztlich 200 Millionen Euro gekostet“,
hat Jean-Dominique Merchet ausgerechnet. „Das ist nicht viel Geld für einen
Sieg“, meint er in seinem Blog „[1][Secret défense]“. Der französische
Militärspezialist freut sich offen über den Einzug der Rebellen in
Tripolis. Es sei nicht nur ein Sieg für sie, sondern auch für Frankreich,
dessen militärische Beteiligung ausschlaggebend gewesen sei.
„Die politisch-militärische Strategie war erfolgreich, auch wenn das Ganze
länger gedauert hat, als es anfangs geplant war.“ Wie viele in Frankreich
erinnert sich Merchet an die Einschätzung des Außenministers Alain Juppé,
der Einsatz werde „einige Wochen“ dauern. Seit dem Beginn der französischen
Luftschläge sind nun fünf Monate vergangen. Am Anfang hatte die Regierung
die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich, schnell wurden jedoch mehr und
mehr verzweifelte Stimmen laut: Es sei eine teure Einmischung, die zudem
moralisch nicht vertretbar sei.
Auch wenn die Krise noch nicht zu Ende sei, könne man sich freuen, schreibt
Merchet. Es sei schließlich richtig gewesen, die Rebellen zu unterstützen.
Eine Niederlage der Rebellen hätte tiefgreifende Konsequenzen zur Folge
gehabt - für Libyen, für Frankreich und für die Europäische Union: „Ein
Scheitern der westlichen Koalition hätte das Ende der militärischen Macht
Europas eingeläutet.“
## Erleichterung
Der bürgerlich-konservative Redakteur Pierre Rousselin teilt Merchets
Erleichterung. Für ihn sind die jüngsten Ereignisse in Libyen die Chance
für einen Wandel der internationalen Stellung der EU. In seinem Blog
„[2][géopolitique]“ schrieb er am Montag: „Was in Tripolis zurzeit
passiert, ist wesentlich für Europa. Der Untergang des Tyrannen kann unsere
Beziehung zur arabischen Welt neu definieren“. Darum sei es wichtig, dass
sich die westlichen Mächte noch nicht zurückzögen. Das Land brauche
humanitäre und finanzielle Hilfe, sodass es weder in einen Bürgerkrieg noch
unter islamistische Herrschaft gerate.
Die Nachricht von der Eroberung Tripolis‘ löste weitere Fragen über die
Rolle der Europäischen Union aus. In einem Beitrag auf der [3][Webseite
von] [4][Le Monde] befasste sich der Geopolitik-Forscher Bastien Nivet am
Montag mit dem Begriff der „Ashtonisation“ (Ashtonisierung).
Die Ashtonisierung sei die heutige Krankheit der EU im Bereich der
Außenpolitik: Es gebe keine schnellen vorausschauenden Entscheidungen und
so gut wie keinen Zusammenhalt der Mitgliedsstaaten. Außerdem bestehe kein
Anspruch auf größeren Einfluss in der internationalen Politik. Wer den
Begriff verwende, bedauere, dass die EU nicht mehr Führungsqualitäten
entwickelt. Denn Nicolas Sarkozy und David Cameron hätten den Einsatz in
Libyen geführt, nicht Catherine Ashton, die Vertreterin der EU für
Verteidigungs- und Sicherheitspolitik.
## Sarkozys Krieg
Manche französischen Kommentatoren weisen darauf hin, dass der französische
Staatspräsident den Konflikt zu seinem persönlichen Kampf gemacht habe.
Einige von ihnen sehen das Handeln Sarkozys der letzten Jahre ironisch.
„Nicolas Sarkozy hat sich sehr bemüht, damit der libysche Diktator abdankt,
mit dem er einige Monate zuvor noch eng befreundet war“, kommentierte zum
Beispiel Juan Sarkofrance in seinem [5][regierungskritischen Blog].
Mit Hilfe Frankreichs wurde Libyen im Mai 2010 ein Mitglied des
UNO-Menschenrechterats. Sarkozy musste andererseits „etwas unternehmen,
damit sein katastrophales diplomatisches Verhalten während der tunesischen
und ägyptischen Revolutionen in Vergessenheit gerät“.
Auch der Blog [6][cpolitic.com], bekannt für seine satirische politische
Berichterstattung, beschäftigt sich mit dem „Sieg Sarkozys“ - mit einer
verfälschten Titelseite der regierungsnahen Tageszeitung Figaro. Sie zeigt
eine Fotoaufnahme des angeblichen Rebellenchefs, mit Kalaschnikow und
Victory-Zeichen. Sein Gesicht ist das des französischen Staatsoberhaupts.
##
In seinem [7][Video-Leitartikel] vom Montag betont der Chefredakteur der
Zeitschrift L‘Express, Christophe Barbier, dass der Fortschritt der
Rebellen mit dem Triumph einer weiteren Persönlichkeit einhergehe:
Bernard-Henri Lévy.
Der französische Intellektuelle hat den Präsidenten dazu gebracht, als
erste Nation den oppositionellen Nationalrat als alleinigen Ansprechpartner
in Libyen anzuerkennen. Seine privaten Diskussionen mit Sarkozy haben
Außenminister Juppé in eine unangenehme Position gebracht. Er war nicht
eingeweiht in die Entscheidung, die Rebellen zu unterstützen. Erst vor den
Kameras erfuhr er davon.
Barbier sieht im Sieg in Tripolis ein Beweis, dass Bernard-Henri Lévy Recht
habe. So könnten sich die französischen Intellektuellen bestätigt sehen,
eine wichtige Rolle in der Politik zu spielen. Seine Meinung scheinen die
meisten französischen Medien zu teilen, denn Bernard-Henri Lévys Freude am
Montag war auf allen TV- und Radiosendern zu sehen und zu hören.
## Keine Tabu um Öl
In seinem häufig gesehenen Video setzt sich Barbier mit einem weiteren
Thema auseinander, das seit Monaten in der öffentlichen Diskussion nicht
häufig genannt wird: das Erdöl. Libyen besitzt die größten Ölreserven in
Afrika. Manche haben die westliche Intervention als einen Versuch
betrachtet, sich in unruhigen Zeiten den Zugang zu libyschen Ressourcen zu
sichern.
„Libyen muss uns vergüten. Es hat Öl. Es muss eine neue Partnerschaft
zwischen uns geben“: Für Barbier sollten Öllieferungen die Gegenleistung
dafür sein, dass Frankreich in Libyen bleibt, um dem Land zu helfen
demokratische Strukturen aufzubauen.
Juan Sarkofrance glaubt nicht, dass die teure Energieform der Grund des
Einsatzes war. Erstens, weil die Handelsbeziehungen zwischen Frankreich und
Libyen auch vorher exzellent waren. Ginge es um das Öl, seien zweitens die
„Vereinigten Staaten immer die ersten im Kampf.“ Ein gutes Beispiel dafür
sei der Irak. Diesmal seien die Amerikaner aber voller Vorbehalte gewesen.
Ergo: Öl sei nicht der Grund des Krieges
Während viele über das Motiv des Krieges und die Zukunft Libyens
spekulieren, stellt sich die Plattform Le Post eine ganz andere Frage. Das
Newsportal bietet eine Bilderstrecke der elegantesten und buntesten Outfits
des Diktators an. Überschrift: „Stylischer oder peinlicher Abschied? In
welchem Hemd wird Dresscode-König Gaddafi seine Herrschaft beenden?“
24 Aug 2011
## LINKS
[1] http://www.marianne2.fr/blogsecretdefense/Libye-la-strategie-militaire-rete…
[2] http://blog.lefigaro.fr/geopolitique/2011/08/kadhafi-le-debut-de-la-fin.html
[3] http://www.lemonde.fr/idees/article/2011/08/22/politique-etrangere-securite…
[4] http://www.lemonde.fr/idees/article/2011/08/22/politique-etrangere-securite…
[5] http://sarkofrance.blogspot.com/2011/08/libye-retour-sur-la-guerre-de-sarko…
[6] http://www.cpolitic.com/cblog/2011/08/20/faites-la-une-du-figaro-nouvelle-e…
[7] http://www.lexpress.fr/actualite/monde/libye-une-victoire-occidentale_10227…
## AUTOREN
Céline Béal
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