# taz.de -- Massengräber in Kaschmir: Viele einheimische Zivilisten getötet | |
> Ein Bericht der regionalen indischen Menschenrechtskommission ermittelt | |
> Tausende Tote in 38 Massengräbern. Um die Konsequenzen wird heftig | |
> gestritten. | |
Bild: Tausende verschwanden spurlos Ende der 1980er Jahre im Kaschmir. | |
BERLIN taz | 2.730 Leichen mit Schussverletzungen in 38 nicht markierten | |
Massengräbern hat die offizielle Menschenrechtskommission des indischen | |
Bundesstaates Jammu & Kaschmir jetzt bestätigt. Indische Medien berichteten | |
am Montag und Dienstag über einen entsprechenden Untersuchungsbericht. | |
Dieser beschränkte sich auf vier Distrikte im Norden des Kaschmirtals, in | |
denen der 1989 ausgebrochene Guerillakrieg zwischen Separatisten samt | |
pakistanischen Unterstützern und den indischen Sicherheitskräften am | |
heftigsten gewesen war. | |
In dem inzwischen abgeflauten Konflikt starben rund 50.000 Menschen, 8.000 | |
gelten als verschwunden. Indien und Pakistan haben außerdem bereits zwei | |
Kriege um Kaschmir geführt. | |
2008 setzte die staatliche Menschenrechtskommission des Bundesstaates ein | |
Ermittlungsteam unter Leitung eines Polizeioffiziers ein. Dieses prüfte | |
drei Jahre lang Polizei- und Gerichtsakten, sprach mit Beamten, Angehörigen | |
und Zeugen. | |
## Indien weigerte sich, die Toten anzunehmen | |
Bisher behaupteten die Sicherheitsbehörden immer, die Getöteten seien nicht | |
identifizierte Terroristen aus Pakistan. Das mit Indien verfeindete | |
Nachbarland weigerte sich, die Leichen anzunehmen. | |
Aus Sicht der pakistanischen Regierung ist der Aufruhr im indischen Teil | |
Kaschmirs allein einer der lokalen Bevölkerung. Dabei unterstützt Pakistan | |
massiv kaschmirische Separatisten. Doch hat der Konflikt im indischen Teil | |
Kaschmirs auch lokale Wurzeln; die will Indiens Regierung nicht sehen. | |
Zudem garantieren indische Sondergesetze dem Militär und der Polizei | |
weitgehende Straflosigkeit. | |
Der Bericht stützt jetzt die Version von Opferverbänden, die den | |
staatlichen Organen Indiens vorwerfen, viele Zivilisten getötet und | |
beseitigt zu haben. Das Untersuchungsteam konnte 574 Leichen von Personen | |
aus der lokalen Zivilbevölkerung identifizieren. Die sterblichen Überreste | |
einiger Personen wurden bereits ihren Familien übergeben. | |
## Die Toten identifizieren | |
Zu den noch nicht identifizierten 2.156 Leichen heißt es im Bericht: "Es | |
gibt jede Wahrscheinlichkeit, dass unter diesen … die Leichen von | |
Verschwundenen sind." Damit sind mutmaßlich von Militär oder Polizei | |
ermordete Zivilisten gemeint. | |
Der Bericht fordert, mittels DNA-Proben die Identität der Leichen | |
festzustellen. Der Ministerpräsident von Jammu & Kaschmir, Omar Abdullah, | |
favorisiert aber eine Wahrheitskommission, welche die | |
Menschenrechtsverletzungen aller Konfliktparteien untersuchen soll. | |
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International fordert, die | |
Untersuchung auf den ganzen Bundesstaat auszudehnen und von unabhängigen | |
Experten durchführen zu lassen. Die Gräber und aussagewillige Zeugen | |
müssten geschützt werden. | |
23 Aug 2011 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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