# taz.de -- Kampf um Tripolis: Journalisten wieder frei | |
> Die Kämpfe in Tripolis dauern an, die in einem Hotel festgehaltenen | |
> ausländischen Journalisten sind aber wieder frei. WikiLeaks stellt | |
> derweil US-Dokumente über Libyen online. | |
Bild: Das Gaddafi-Regime habe ihren Sohn ermordet, klagt diese Mutter in bengas… | |
TRIPOLIS/BERLIN dpa | Die von Gaddafi-Milizen in einem Hotel in Tripolis | |
festgehaltenen ausländischen Journalisten sind nach einem Bericht des | |
US-Senders CNN wieder frei. Die Reporter hätten das Hotel Rixos in einem | |
Fahrzeugkonvoi verlassen, berichtete CNN-Reporter Matthew Chance am | |
Mittwochnachmittag. Zuvor hätten ihnen Anhänger Gaddafis erklärt, dass sie | |
gefahrlos gehen könnten. | |
"Es war ein Alptraum", sagte Chance. Alle seien "restlos erleichtert". Auch | |
der BBC-Reporter Matthew Prise bestätigte die Freilassung der Reporter nach | |
Tagen der Angst. Die etwa 37 Reporter verschiedener Medienanstalten waren | |
seit dem Vordringen der Aufständischen nach Tripolis zu Wochenbeginn in dem | |
Hotel festgehalten worden. "Fünf-Sterne-Geiselhaft" beschrieb CNN die Lage. | |
Nach dem Umbruch in Tripolis hat die Enthüllungsplattform WikiLeaks | |
zahlreiche Dokumente im Internet veröffentlicht, bei denen es sich um | |
Mitteilungen von US-Diplomaten zur Situation in Libyen handeln soll. Die | |
auf der Website publizierten Schreiben stammen aus der Zeit vor der | |
Rebellion gegen das Gaddafi-Regime und reichen bis in die 80er Jahre | |
zurück. WikiLeaks teilte im Kurzmitteilungsdienst Twitter mit, dass | |
insgesamt 349 Libyen-Dokumente veröffentlicht worden seien. | |
So beschreiben amerikanische Diplomaten im August 2009 dem US-Senator John | |
McCain die Situation in Libyen vor dessen Besuch in dem nordafrikanischen | |
Land. Libyen sei ein wichtiger Partner im Kampf gegen Terrorismus, heißt | |
es. "Unsere strategische Partnerschaft in diesem Bereich ist hoch produktiv | |
und nützlich für beide Nationen", heißt es dort. | |
Positiv wird in den Schreiben auch der Beginn von Ausbildungsprogrammen | |
eingeschätzt, um Libyen in Sicherheitsfragen zu unterstützen. Außerdem | |
wolle Libyen von US-Firmen "tödliche Waffen" kaufen. In dem Schreiben an | |
John McCain wird es außerdem als hilfreich begrüßt, wenn der Senator im | |
Kongress auf Perspektiven für mögliche Rüstungsgeschäfte mit Libyen | |
hinwirken könnte. | |
In anderen der von WikiLeaks veröffentlichten Dokumenten wird Libyens | |
Position in der Afrikanischen Union oder die Haltung zu Konflikten in | |
Ländern wie dem Tschad erörtert. | |
## Kämpfe in Tripolis gehen weiter | |
Nach der Erstürmung seines Hauptquartiers kündigte Gaddafi in der Nacht zum | |
Mittwoch in einer Audiobotschaft einen Kampf "bis zum Märtyrertod oder | |
Sieg" an. In Tripolis und anderen Orten Libyens lieferten sich | |
Gaddafi-Truppen und Aufständische weiterhin Gefechte. Von Gaddafi fehlte | |
immer noch jede Spur. | |
Wegen der anhaltenden Kämpfe konnte der Übergangsrat bislang noch nicht von | |
Bengasi nach Tripolis umziehen. Nach Informationen des Nachrichtensenders | |
Al-Dschasira hat die Übergangsregierung ein Kopfgeld von 1,7 Millionen | |
Dollar auf die Ergreifung von Gaddafi ausgesetzt - ob tot oder lebendig. | |
Der Vorsitzende Mustafa Abdul Dschalil bekräftigte allerdings, er wolle, | |
dass Gaddafi und seine Familie vor Gericht gestellt würden. | |
Die Anhänger des Despoten hielten Berichten arabischer Medien zufolge am | |
Mittwoch noch in zwei Stadtvierteln von Tripolis die Stellung. Auch im | |
Inneren von Gaddafis Hauptquartier wurde laut BBC am Mittwoch noch | |
gekämpft. Der innere Zirkel werde weiter von dessen Soldaten kontrolliert. | |
Nahe des internationalen Flughafens in Tripolis und im südwestlichen Vorort | |
Al-Hadaba al-Chadra gab es weitere Gefechte. Laut Al-Dschasira griffen | |
Regierungstruppen in der Nacht auch die Rebellen-Hochburg Misrata mit | |
Scud-Raketen an. | |
Die Aufständischen rückten derweil weiter auf Gaddafis Heimatstadt Sirte | |
vor. Um blutige Kämpfe zu vermeiden, liefen Verhandlungen zur friedlichen | |
Übergabe, verlautete aus der Küstenstadt. Allein beim Kampf um Tripolis | |
seien bisher 435 Menschen getötet und mehr als 2000 verletzt worden, sagte | |
ein Mitarbeiter des Zentralkrankenhauses der Nachrichtenagentur dpa. Laut | |
Hilfsorganisationen gibt es inzwischen große Engpässe bei der medizinischen | |
Versorgung und dem Nachschub an Lebensmitteln. | |
## Gespräche zwischen Übergangsrat, EU und USA | |
Vertreter des nationalen Übergangsrates führten am Mittwoch Gespräche mit | |
Vertretern der Europäischen Union, der USA und anderen Staaten über die | |
Zukunft Libyens. Laut BBC baten sie zugleich um die Freigabe von 2,5 | |
Milliarden Dollar eingefrorener Gelder des Gaddafi-Regimes. Der britische | |
Außenminister William Hague kündigte an, mit internationalen Partnern zu | |
prüfen, wie das Vermögen am besten zum Wohle des libyschen Volkes | |
eingesetzt werden könne. Die US-Regierung sicherte zu, noch in dieser Woche | |
eine Milliarde Dollar freizugeben. | |
Die Übergangsregierung der Rebellen setzt auf einen raschen demokratischen | |
Wandel. Nach ihrem Willen soll es innerhalb von acht Monaten nach dem Sturz | |
Gaddafis [1][Parlaments- und Präsidentenwahlen geben]. | |
24 Aug 2011 | |
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