# taz.de -- Chef der "Hürriyet" über Thilo Sarrazin: "Sarrazin ist nicht inte… | |
> Ahmet Külahci, Chef der "Hürriyet" in Berlin, erklärt, warum sein Blatt | |
> den umstrittenen Bestsellerautor Thilo Sarrazin kaum beachtet hat. | |
Bild: Hürriyet-Berichterstattung: "Wir haben uns bei diesem Thema bewusst zur�… | |
taz: Herr Külahci, vor ein paar Tagen jährte sich das Erscheinen von Thilo | |
Sarrazins "Deutschland schafft sich ab". Haben Sie mit dem Erfolg dieses | |
Buchs gerechnet? | |
Ahmet Külahci: Absolut, es war klar, dass er so erfolgreich sein würde. Er | |
wollte provozieren und hat es geschafft. Gemessen an den Verkaufszahlen hat | |
Sarrazin seine Sache sehr gut gemacht. | |
Wie haben Sie seine Thesen wahrgenommen? Fühlten Sie sich angegriffen? | |
Verletzt? | |
In seinem Buch gibt es ja kaum etwas Neues, das Meiste ist ja schon bekannt | |
gewesen, und vieles hat er bewusst falsch dargestellt. Nur ein Beispiel: | |
Seine Behauptung, Einwanderer aus der Türkei, dem Nahen und Mittleren Osten | |
seien etwa dümmer als andere Menschen, ist natürlich absurd. Außerdem muss | |
doch gerade Sarrazin mit solchen Thesen vorsichtig sein: Er ist doch gar | |
kein reinrassiger Deutscher. Deswegen habe ich Herrn Sarrazin auch | |
persönlich gefragt, wie weit er zur Verdummung Deutschlands beigetragen | |
hat. | |
Wie lautete seine Antwort? | |
Er hat gar nicht reagiert. Was soll er darauf auch sagen? | |
Und was denken Sie? | |
Er sagt sehr viel Dummes, aber er ist nicht blöd - sonst wäre er nicht so | |
erfolgreich. Dennoch hat er der Integration in diesem Land sehr geschadet. | |
Natürlich wissen wir, dass es Probleme im Miteinander gibt, die | |
Bildungssituation von Türken noch stark hinterherhinkt, dass es eine hohe | |
Arbeitslosigkeit gibt. Doch Sarrazin hat all diese Schwierigkeiten | |
pauschalisiert und keine positiven Aspekte der Integration genannt. Er hat | |
lediglich die Migranten für all diese Schwierigkeiten verantwortlich | |
gemacht. | |
Die Hürriyet hat verhältnismäßig wenig und sehr nüchtern über Sarrazin | |
berichtet. Dabei ist Ihr Blatt für seinen zupackenden Boulevardstil bekannt | |
… | |
Wir haben uns bei diesem Thema bewusst zurückgehalten und trocken | |
berichtet. Wir wollten nicht auch noch provozieren, um das Zusammenleben in | |
Deutschland nicht weiter zu schaden. Wenn es nach mir ginge, sollte fortan | |
niemand mehr über Sarrazin berichten. | |
Sonst ist die Hürriyet aber weit weniger zimperlich. Wenn es um die Belange | |
türkischstämmiger Migranten in Deutschland geht, überzeichnet Ihre Zeitung | |
öfter mal. | |
Manchmal sind wir emotional, und auch wir haben schon Fehler in der | |
Vergangenheit gemacht. | |
Die Sarrazin-Debatte war hierzulande ein großes Thema. Haben Ihre Leser | |
nicht ein Recht darauf, dass sich das auch in Ihrer Zeitung widerspiegelt? | |
Ach, er ist doch überhaupt nicht interessant. Ich habe ihn nicht | |
ernstgenommen, und in der Türkei interessiert sich niemand für ihn. Es ist | |
eine innerdeutsche Debatte, die wir deswegen auch kaum auf unseren | |
Türkeiseiten gemeldet haben. Wir legen keinen Wert auf ihn und seine dummen | |
Thesen. | |
Sie glauben, auch in der Türkei interessiert sich niemand für Sarrazin? | |
Warum? | |
Die Menschen kümmern sich dort nicht um sein Geschwätz. Er kann der | |
deutsch-türkischen Beziehung nicht schaden, dass können nur die | |
Regierungen. Sarrazin entscheidet hier nicht. | |
1 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Cigdem Akyol | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Thilo Sarrazin in Neukölln: Menscheln mit dem Mahner | |
Was passiert, wenn Thilo Sarrazin auf eine Selbsthilfegruppe türkischer | |
Männer trifft? Der Verein "Aufbruch Neukölln" hat es ausprobiert. | |
Ein Jahr "Deutschland schafft sich ab": Trunkenheit am Stift | |
Es ist gut, dass Thilo Sarrazin vor einem Jahr "Deutschland schafft sich | |
ab" veröffentlichte. Das Buch ließ den Diskurs über Migration endlich | |
erwachsen werden. | |
Wahlkampf in Berlin: Sarrazin-Verbot für pro Deutschland | |
Erfolg für Thilo Sarrazin: Ein Gericht untersagte der rechtspopulistischen | |
"Bürgerbewegung Pro Deutschland, mit dem Namen des Ex-Senators Wahlkampf zu | |
machen. |