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# taz.de -- Europa in der Schuldenkrise: Streit über Finanzreformen
> Die EU-Mitgliedsländer drücken sich weiterhin vor klaren Regeln für
> Defizitsünder. Strafen sollen auch in Zukunft nur über eine qualifizierte
> Mehrheit verhängt werden können.
Bild: Spielen die Euroretter, fürchten aber neue Gesetze: Nicolas Sarkozy und …
BRÜSSEL taz | Die EU-Mitgliedsländer drücken sich weiterhin vor
grundlegenden Reformen der europäischen Finanzpolitik und strengen Strafen
für Defizitsünder. Sie verstecken sich lieber hinter komplizierten
Abstimmungsregeln. Das geht aus einem Kompromissvorschlag hervor, den die
polnische EU-Präsidentschaft dem Europäischen Parlament vorgelegt hat.
Demnach wollen die Mitgliedstaaten auch in Zukunft die nur schwer
erreichbare qualifizierte Mehrheit beibehalten, wenn es darum geht, ob
Defizitsünder mit Strafzahlungen belegt werden sollen. Nur wenn ein Land
binnen drei Monaten nicht auf die Mahnung aus Brüssel reagiert, kann die
Europäische Kommission dem Rat den Fall ein zweites Mal zur Entscheidung
vorlegen. Erst dann soll die einfache Mehrheit reichen, um die
Voraussetzungen für Sanktionen zu schaffen.
Im Europäischen Parlament stößt dieser Kompromiss auf Ablehnung: "Dieser
Vorschlag ist der kleinstmögliche Schritt", sagte der finanzpolitische
Sprecher der Grünen Sven Giegold. "Die Kommission wird davor
zurückschrecken, sich eine blutige Nase im Rat zu holen. Von
quasiautomatischen Entscheidungen wie von Merkel und Sarkzoy versprochen
sind wir weit entfernt." Giegold geht nicht davon aus, dass die Kommission
den Mut haben wird, nach einer ersten Ablehnung durch die Mitgliedstaaten
drei Monate später einen neuen Versuch zu starten.
## Angst vor Sanktionen
##
Eine qualifizierte Mehrheit war bei den bisherigen Entscheidungen nie
zustande gekommen, weil Frankreich und Deutschland im Rat blockiert haben,
aus Angst, auch selbst von Sanktionen betroffen zu sein. Die beiden
EU-Riesen haben bei diesem Abstimmungsmodus als bevölkerungsreichste
Staaten mehr Gewicht, da 55 Prozent der Staaten zustimmen müssen, die
zugleich mindestens 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren.
Jetzt muss das Europäische Parlament über den neuen Kompromissvorschlag
entscheiden. Der SPD-Abgeordnete Udo Bullmann ist nicht sicher, ob es für
solch einen "Kuhhandel" eine Mehrheit geben wird. "Diese Diskussion ist
Kaffeesatzleserei, während draußen die Welt zusammenstürzt. Es geht bei der
Krise schon lange nicht mehr um solche Kleinigkeiten."
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) strebt einem Zeitungsbericht zufolge
unterdessen weitreichende EU-Reformen an, die auch eine Neufassung des
EU-Vertrages beinhalten könnten. Wie die Bild-Zeitung berichtet, will
Schäuble als Antwort auf die Euroschuldenkrise mehr Zuständigkeiten in der
Wirtschafts- und Finanzpolitik an Brüsseler EU-Instanzen übertragen.
2 Sep 2011
## AUTOREN
Ruth Reichstein
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