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# taz.de -- Hamburger Arbeitsmarkt: CDU will Mindestlohn
> Hamburger Christdemokraten wollen auf dem Bundesparteitag im November
> eine Lohnuntergrenze festlegen. Auch der Wirtschaftsflügel ist nicht
> abgeneigt.
Bild: Nach dem Willen der CDU soll er jetzt doch kommen: Der Mindestlohn.
Für die Einführung eines Mindestlohns hat sich die Hamburger CDU auf einem
Parteitag im Bürgerhaus Wilhelmsburg ausgesprochen. Auf dem Bundesparteitag
in Leipzig Mitte November will sie eine "allgemeine gesetzliche
Lohnuntergrenze" fordern, wie die Delegierten am späten Donnerstagabend mit
großer Mehrheit beschlossen.
Ein Antrag, das Thema zunächst einmal in einem Landesfachausschuss zu
diskutieren, wurde abgelehnt. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di
kommentierte den Beschluss mit dem Satz: "Besser spät als nie." Jetzt müsse
die Landes-CDU in Berlin Druck machen, sagte Ver.di-Landeschef Wolfgang
Rose.
Ein Vierteljahr vor dem Bundesparteitag mehren sich in der CDU die Stimmen
für einen gesetzlichen Mindestlohn. Die Christlich-Demokratische
Arbeitnehmerschaft (CDA) hat am Dienstag einen Parteitagsantrag
vorgestellt, der einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn vorsieht.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen konzedierte zumindest: "Die
Richtung stimmt." Auch die neue saarländische Ministerpräsidentin Annegret
Kramp-Karrenbauer findet, die CDU müsse offen über das Thema diskutieren.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich dagegen im Hamburger Wahlkampf
Anfang des Jahres noch gegen den Mindestlohn ausgesprochen.
Mit ihrem Beschluss hat sich die Hamburger CDU jetzt dem Arbeitnehmerflügel
CDA angeschlossen. Demnach soll sich die Lohnuntergrenze am Mindestlohn der
Zeitarbeitsbranche orientieren. Das sind in Westdeutschland 7,79 Euro.
Außerdem sollen die Möglichkeiten überprüft werden, Arbeitsverträge
grundlos zu befristen.
Leiharbeiter sollen nach einer Einarbeitungszeit den gleichen Lohn wie die
Stammbelegschaft erhalten. Die Union wolle allen Arbeitnehmern eine stabile
Beschäftigung ermöglichen, heißt es im Antrag. Der Grundsatz "gleicher Lohn
für gleiche Arbeit am gleichen Ort" müsse konsequent verwirklicht werden.
"Es ist die Aufgabe der CDU als Verfechter der sozialen Marktwirtschaft,
Fehlentwicklungen auf dem Arbeitsmarkt zu stoppen und Lösungen
aufzuzeigen", sagte der CDU-Landesvorsitzende Marcus Weinberg. Es könne
nicht sein, dass Aufträge an Firmen vergeben werden, weil diese durch
fehlende Tarifbindung niedrigste Löhne und daraus resultierende niedrigere
Angebote machten. Wenn mehr als eine Million Menschen einen Stundenlohn von
unter fünf Euro hätten, sei das "sozialer Sprengstoff", so Weinberg. Die
CDU müsse wieder die Kernpunkte der sozialen Marktwirtschaft definieren.
Was darunter zu verstehen sei, ist freilich umstritten. Weinberg verwies
gegenüber der taz auf eine Untersuchung der Universität im
US-amerikanischen Berkeley, nach der Mindestlöhne keine Arbeitsplätze
vernichten. Dagegen haben die wirtschaftsfreundliche "Initiative Neue
Soziale Marktwirtschaft" und das arbeitgebernahe Institut der Deutschen
Wirtschaft am Dienstag das Lob des Niedriglohns gesungen: Jedes Jahr
schaffe ein Viertel der Billigjober den Sprung auf eine höher bezahlte
Stelle.
Doch selbst Hjalmar Stemmann, der Landesvorsitzende der
CDU-Mittelstandsvereinigung, findet, "dass wir sehr wohl eine Änderung
unserer Position herbeiführen müssen". Das Thema sei aber viel zu wichtig,
um innerhalb von zehn Minuten kurz vor 22 Uhr auf einem Parteitag
diskutiert werden zu können. Die Position dazu müsse breiter fundiert
werden.
Parteichef Weinberg rechtfertigte den Beschluss damit, dass es sich um die
letzte Landesdelegiertenkonferenz vor dem Bundesparteitag gehandelt habe
und ein Vertagen sinnlos gewesen wäre: "Der Antrag lag schon lange auf dem
Tisch."
2 Sep 2011
## AUTOREN
Gernot Knödler
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