# taz.de -- Arbeitsmarktpolitik: Einheitsangebot für alle | |
> Die SPD streicht in ihrem neuen Arbeitsmarktkonzept Projekte, in denen | |
> Jugendliche begleitet den Hauptschulabschluss machen. Auch reine | |
> Frauenprojekte soll es nicht mehr geben. | |
Bild: An Interessenten mangelt es nicht: Das Projekt "Jobkontor" ist weit über… | |
Das Projekt "Jobkontor" im Schanzenviertel ist zu 250 Prozent ausgebucht. | |
"Die Jobcenter lieben uns und schicken uns Jugendliche ohne Ende", | |
berichtet Sozialarbeiter Thomas Humbert. Das Konzept, bei dem Jugendliche | |
in kleinen Gruppen im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit (AGH) den | |
Hauptschulabschluss nachholen können, habe sich bewährt. Doch damit ist zum | |
Jahresende Schluss. Das neue Arbeitsmarktkonzept des SPD-Senats sieht diese | |
Möglichkeit nicht mehr vor. | |
Das überrascht. Denn SPD-Sozialsenator Detlef Scheele und | |
Arbeitsagentur-Chef Sönke Fock hatten bei der Vorstellung des Konzepts | |
vergangene Woche betont, wie wichtig der Bildungsaspekt sei. Im Jahr 2012 | |
soll es noch 3.900 Ein-Euro-Jobs für "arbeitsmarktferne" Menschen geben, | |
die die Teilnehmer zunächst stabilisieren und dann in Bildungsmaßnahmen | |
überführen sollen. Dafür gibt es jetzt ein neues | |
"Interessenbekundungsverfahren", für das sich die rund 40 Träger bewerben | |
können. | |
Doch ein Blick auf die Ausschreibung, die auf der Internetseite der | |
Team.Arbeit.Hamburg veröffentlicht ist, macht deutlich, dass es nur noch | |
einen Typus von Arbeitsgelegenheit für alle geben soll. "Die verfahren nach | |
dem Motto ,one size fits all'", sagt Sozialarbeiter Humbert. Die | |
Unterscheidung in Zielgruppen, etwa für unter 25-Jährige oder Frauen, "wird | |
grundsätzlich aufgehoben", heißt es dort. Die Plätze sollen so konzipiert | |
sein, "dass jede Arbeitsgelegenheit für jeden Leistungsberechtigten ohne | |
Einschränkung" möglich ist. | |
"Den Hauptschulabschluss können wir in dieser Form nicht mehr anbieten", | |
sagt Humbert. Was schade wäre, denn man erreiche Jugendliche, die sonst gar | |
keinen Anschluss mehr fänden. "Zu uns kommen all die, die woanders | |
rausgeflogen sind und nicht zurechtkamen, weil die Klassen zu groß waren | |
oder sie gemobbt wurden." Die jungen Leute helfen in Schul- oder | |
Stadtteilküchen mit, und gehen an drei Tagen auch noch zur Schule. Dort | |
lernen sie in kleinen Gruppen Versäumtes und Vergessenes, um sich auf die | |
externe Hauptschulprüfung vorzubereiten. | |
Durch die neue Ausschreibung entfallen auch alle Projekte, die | |
ausschließlich für Frauen bestimmt sind. In Trägerkreisen geht man davon | |
aus, dass die Team.Arbeit.Hamburg einige dieser Angebote gern erhalten | |
hätte. Doch der Wunsch des Senats, ein weniger zersplittertes System zu | |
schaffen, stand dem entgegen. "Das ist im Prinzip richtig. Aber hier wurde | |
das Kind mit dem Bade ausgeschüttet", findet die Sprecherin der | |
Beschäftigungsträger, Petra Lafferentz. | |
Gravierend sei die Verschlechterung für Alleinerziehende. Sie bekamen | |
bisher zwei Euro die Stunde an Aufwandsentschädigung, um die Kosten für die | |
Kinderbetreuung zu begleichen. "Das fällt jetzt weg", sagt Lafferentz. | |
"Zieht man die Aufwendungen für Fahrkarten und Kita-Gebühren ab, haben | |
diese Frauen fast nichts übrig." Und wenn man auch Migrantinnen erreichen | |
wolle, seien Beschäftigungsprojekte wichtig, die sich nur an Frauen | |
wendeten. | |
Es gebe im Arbeitsmarktprogramm eine Reihe von Bildungsangeboten für | |
Frauen, entgegnet die Sprecherin der Sozialbehörde, Julia Seifert. Nur eben | |
nicht bei den Ein-Euro-Jobs. Deren neue Zielgruppe seien "besonders | |
arbeitsmarktferne Menschen mit weiteren Problemlagen", so Seifert. "Ob | |
diese Frauen oder Männer sind, ist erst einmal nebensächlich." Und bei | |
Jugendlichen setze man jetzt direkt auf Ausbildung. Die zu beginnen und | |
erfolgreich abzuschließen, bringe die Betroffenen "wesentlich weiter als | |
ein formaler Hauptschulabschluss". Deshalb würden Projekte, die | |
Ein-Euro-Jobs mit dem Schulabschluss verknüpfen, "nicht mehr gefördert". | |
Diese Einschätzung teilt Humbert nicht. "Zu uns kommen etwa 100 Jugendliche | |
im Jahr. Für die meisten ist Schule erst mal das Richtige, weil es sie | |
motiviert und sie sich noch orientieren, was sie werden wollen." Er will | |
nun versuchen, das Projekt mit Mitteln aus der Jugendhilfe zu erhalten. | |
4 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Senioren | |
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