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# taz.de -- Kommentar Psychiatrie in Russland: Die Rückkehr der Zwangsjacke
> Eigentlich müssten die Pläne zum erneuten Einsatz der Zwangsjacke in
> Russland den Westen auf den Plan rufen. Doch da sind wirtschaftlichen
> Interessen vor.
Bild: Rollenverteilung klar geregelt: Noch Regierungschef Wladimir Putin (l.) u…
Maßnahmen zur Verbrechensprävention braucht Russland angesichts
schauderhafter Kriminalitätsraten tatsächlich. Doch das Gesetz, das die
Staatsmacht nun vorbereitet, macht selbst schaudern: Potenzielle Straftäter
sollen in die Psychiatrie eingewiesen werden können, um gesetzeswidrige
Taten im Vorfeld zu verhindern.
Dieses Projekt erinnert an finsterste Sowjetzeiten, als Dissidenten
systematisch als "Geisteskranke" weggesperrt wurden. Diejenigen, die diese
Folter überlebten, waren für den Rest ihres Lebens menschliche Wracks. Man
braucht kein Prophet zu sein, um vorauszusehen, dass die Medizin künftig
erneut missbraucht werden wird, um Andersdenkende aus dem Verkehr zu
ziehen.
Beispiele für die Anwendung menschenverachtender Praktiken gibt es in
Russland bereits jetzt genügend. So ist es kein Zufall, dass unabhängige
Beobachter keinen Zutritt zu psychiatrischen Kliniken haben. Im Gegenteil:
Das passt zu einem System, das sich von einer "gelenkten Demokratie" längst
zu einer Autokratie entwickelt hat.
In Russlands Institutionen regieren Willkür und Korruption. Vor vorgeblich
unabhängigen Gerichten finden politische Schauprozesse statt.
Regierungsgegner können froh sein, wenn sie nach der Teilnahme an einer
Demonstration nur ein paar Tage in Haft genommen werden.
Eigentlich müssten bereits die Pläne zum erneuten Einsatz von Zwangsjacke
und Psychopharmaka den Westen auf den Plan rufen. Doch von dort ist nicht
mit Protest zu rechnen. Denn statt Menschenrechtlern haben bei uns schon
seit Jahren diejenigen Konjunktur, die uns erklären, warum wir Russland
brauchen: Es geht um vitale westliche wirtschaftliche Interessen. Und
gemessen an deren Bedeutung spielt ein in der Psychiatrie gequälter
Unschuldiger mehr oder weniger eben nicht mal eine Nebenrolle.
5 Sep 2011
## AUTOREN
Barbara Oertel
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