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# taz.de -- Digitale Zertifikate: SSL in Gefahr
> Der Einbruch beim Sicherheitsdienstleister Diginotar zieht weite Kreise,
> selbst die niederländische Regierung kommt in Bedrängnis. Weitere
> Angriffe könnten folgen.
Bild: Große Probleme: Firmensitz von Diginotar in Beverwijk.
KÖLN taz | "Dieses Mal war der Angriff auf den Iran begrenzt", schreibt ein
Unbekannter mit dem Pseudonym "Comodohacker" in einer Botschaft an die Welt
und die IT-Sicherheitsbranche im Speziellen.
"Nächstes Mal werde ich Zugänge in Israel, den USA und Europa besitzen und
werde die Attacken dort laufen lassen." In seinen Manifesten gibt sich der
mutmaßliche Angreifer als regimetreuer Iraner, der Landsleute abstrafen
will, die sich aus dem Westen Informationen besorgen.
Die Sicherheitsbranche nimmt die teilweise großmäuligen Botschaften ernst.
"Comodohacker" hat darin Details über SSL veröffentlicht, die nur ein
Insider wissen kann.
[1][//taz.de/Angriff-auf-sichere-Online-Verbindungen/%2168791/%E2%80%9C:Ber
eits im März] hatte der oder hatten die unbekannten Täter mehrere
Unternehmen erfolgreich angegriffen.
Secure Sockets Layer (SSL) ist die Standard-Verschlüsselung für geschützte
Websites mit Diensten wie Online-Banking, Handel oder
Kommunikationdiensten. Auch Finanzämter und andere Behörden verlassen sich
auf den Schutz durch SSL.
##
[2][Aktuelles Ziel] war das niederländische Sicherheitsunternehmen
Diginotar. Der unbekannte Angreifer war in die Rechner des Unternehmens
eingedrungen und hatte dort falsche Zertifikate ausgestellt, mit denen er
sich unter anderem als Google ausgeben konnte. Nach Berichten wurden diese
falschen Zertifikate im Iran eingesetzt. Über so genannte "Man in the
middle"-Attacken konnten die Angreifer so zum Beispiel Nachrichten
mitlesen, die über den Dienst "Google Mail" versandt wurde.
Dies ist nicht nur eine theoretische Möglichkeit: Bei der Untersuchung des
Vorfalls fanden sich in Protokolldateien über 300.000 Zugriffe auf die
manipulierten Zertifikate. 99 Prozent davon stammten aus dem Iran. Dazu
mussten die Angreifer auch in die Kommunikation zwischen Google und den
Nutzern eingreifen.
Ob er das über eine Schadsoftware oder Manipulationen bei iranischen
Providern erreicht hat, ist noch unklar. Für Kriminelle wären diese
Zertifikate, die mehrere Wochen unentdeckt blieben, eine Lizenz zum
Gelddrucken. Sie könnten damit Online-Banking-Zugänge kapern oder sich in
Firmencomputer zur Industriespionage einschleichen.
Versuchte Diginotar am Anfang der Vorfall noch herunterzuspielen, zeigte
sich alsbald, wie ernst die Lage ist. Der Angreifer hat über 500
verschiedene Zertifikate ausgestellt - dabei ist noch nicht sicher, ob alle
gefunden wurden. Browser- und Betriebssystem-Hersteller reagierten nun mit
Updates, um Diginotar von der Liste vertrauenswürdiger Zertifizierer
entfernten. Während Google und die Mozilla Foundation relativ schnell
reagierten, hatte Apple bis zuletzt Probleme.
##
Auch die niederländische Regierung war Kunde bei Diginotar. Mit weit
reichenden Folgen. Um die Sicherheit der staatlichen Kommunikation zu
gewährleisten, übernahm die niederländische Regierung die Kontrolle über
Diginotar. Das Problem: zu viele Systeme der niederländischen Regierung
haben die Diginotar-Zertifikate fest einprogrammiert. Würden sie auf einen
Schlag als nicht vertrauenswürdig gekennzeichnet, würden viele
Kommunikationssysteme ihren Betrieb einstellen.
"Besonders die vollautomatisierte Kommunikation zwischen Computern wäre
betroffen", erklärte der niederländische Innenminister Piet Hein Donner auf
einer Pressekonferenz am Dienstag. Die Niederländer wollen daher erst die
wichtigsten Systeme umstellen und dann erst die vermeintlich
kompromittierten Zertifikate zentral für ungültig erklären.
Um diesen Übergang zu erleichtern, will Microsoft ein Windows-Update für
die Niederlande für eine Woche zurückhalten. Inzwischen hat die Regierung
die Frist zur Abgabe der Steuererklärungen verlängert. Wer ganz sicher
gehen wolle, müsse zu Papier und Stift greifen, erklärte der Minister.
Damit ist die Krise aber noch lange nicht überwunden. Denn der
"Comodohacker" behauptet, auch bei vier weiteren Sicherheitsunternehmen
erfolgreich eingedrungen zu sein, darunter der amerikanische
Zertifikatsanbieter Globalsign. Das Unternehmen hat daraufhin die
Erstellung neuer Zertifikate gestoppt und eine Sicherheitsüberprüfung
seiner Rechner angeordnet. Bisher allerdings ohne Erfolg.
9 Sep 2011
## LINKS
[1] http://typo3/%E2%80%9Chttp
[2] /Verschluesselung-im-Netz/
## AUTOREN
Torsten Kleinz
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
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