# taz.de -- Lebensmittel II: "Tiefkühlpizza ist nicht billig" | |
> Regionale und Bio-Produkte würden seltener weggeworfen, sagt Ulrich | |
> Rosenbaum von der Slow-Food-Gruppe Barnim-Oderland. Discounter dagegen | |
> setzten darauf, dass Kunden zu viel einkaufen. | |
Bild: Biomüll | |
taz: Herr Rosenbaum, was ist besser, Bio oder Regional? | |
Ulrich Rosenbaum: Regional sollte eigentlich Bio sein. Bio-Landbau ist im | |
Grunde die Rückkehr zu den vernünftigen Regeln, die man vor 100 Jahren | |
hatte - natürlich mit modernen Techniken. Man kommt zum ursprünglichen | |
Umgang mit der Natur zurück. Auch von Verbraucherseite ist diese Verbindung | |
da: Es wird regional gekauft - und dann fragen die Kunden, wie ist das | |
angebaut worden? | |
Ist es aber nicht nur eine gut gebildete Nischenklientel, die so an den | |
Einkauf herangeht - während sich die Masse beim Discounter den | |
Einkaufswagen volllädt? | |
Den Billig-Trend haben Sie in Ost und West. Dann kommen die Skandale, die | |
Leute rennen auf einmal in die Bio-Läden. Meist hält das nicht lange an, | |
aber etwas bleibt hängen. Langsam entwickelt sich ein Trend, ich hoffe vor | |
allem auf junge Familien. Gutes darf nicht zu teuer sein, das ist ein | |
Knackpunkt. | |
Wie hält man die Preise für hochwertige Lebensmittel niedrig? | |
Indem man die Vertriebswege verkürzt. | |
Dann sind Sie wieder beim Regionalen. | |
Genau. Wir sind ja dabei, die Idee einer Markthalle für Eberswalde zu | |
unterstützen, da geht es genau um regionale, teils handwerkliche Produkte. | |
Wenn die Zwischenhandelswege verkürzt werden, indem sich Bauern | |
zusammenschließen und direkt verkaufen, spart das Geld. Italien etwa ist da | |
sehr weit, jeder Bürgermeister ist um einen Bauernmarkt in seinem Ort | |
bemüht. | |
Berlin hinkt hinterher - obwohl mit Brandenburg ein riesiger Erzeugermarkt | |
vor der Haustür liegt. | |
Einige Erzeuger hängen sich mit Leidenschaft rein, zum Beispiel ein paar | |
Fischer in der Gegend um Erkner und ein paar Gemüsebauern. Aber ansonsten | |
findet man auf den Märkten nur Händler. Es fehlt den Landwirten an Mut, sie | |
werden auch nicht ausreichend gefördert und gefordert. Sie müssten sich | |
zusammenschließen und ihre Produkte konsequent auf den Wochenmärkten | |
anbieten. Woanders funktioniert das auch. | |
Glauben Sie wirklich, dass regionale Initiativen Discountern Marktanteile | |
abjagen können? | |
Die Discounter fangen jetzt ja selbst an mit Regionalvermarktung. Wenn sie | |
keine Konkurrenz wittern würden, würden sie das nicht machen! Es wird wohl | |
nie so sein, dass sich alle Menschen gleich verhalten. Aber es ist eine | |
Legende, dass Hartz-IV-Empfänger mit Fertigprodukten von Aldi | |
kostengünstiger wegkommen. Tiefkühlpizza ist nicht billig. Man kann sich | |
beim Bäcker einen vorbereiteten Hefeteig besorgen und den belegen. Das | |
schmeckt besser, ist gesünder und billiger. | |
Und weil ich bewusst eingekauft und selbst zubereitet habe, überlege ich es | |
mir zweimal, davon etwas wegzuwerfen. | |
Genau, ich kaufe gezielt ein, nach Saison oder für ein Rezept. Das schmeiße | |
ich nicht weg. Die Discounter im Gegenzug setzen darauf, dass die | |
Verbraucher zu viel einzukaufen. Da gibt es drei für den Preis von zwei und | |
so weiter. Und der dritte Joghurt wird dann weggeworfen. | |
9 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Kristina Pezzei | |
## TAGS | |
Hartz IV | |
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