# taz.de -- Kommentar Schuldenkrise Griechenland: Völlig verquere Analyse | |
> CSU und FDP erwecken den Eindruck, als würde Deutschland Geld sparen, | |
> wenn Athen in die Insolvenz geschickt würde. Unfug! Die Steuerzahler | |
> müssten die Kosten tragen. | |
Spät, aber immerhin: Jetzt hat auch die deutsche Regierung entdeckt, dass | |
Griechenland ernsthaft pleite ist. Das Euroland wird seine Schulden niemals | |
komplett zurückzahlen können. Insofern ist es konsequent, dass CSU und FDP | |
über eine "geordnete Insolvenz" nachdenken. | |
Befremdlich ist allerdings, dass dabei die nationalistischen Untertöne | |
nicht zu überhören sind. Beide Regierungsparteien erwecken den Eindruck, | |
als würde Griechenland bestraft, wenn es in die Insolvenz geschickt würde - | |
und als würde Deutschland irgendwie Geld sparen, wenn es die Griechen der | |
Pleite überlässt. Das jedoch ist grober Unfug: Ein Konkurs Griechenlands | |
würde die Bundesrepublik Milliarden kosten. Denn direkt und indirekt ist | |
Deutschland einer der größten Gläubiger der Griechen. Direkt haftet die | |
Bundesrepublik für einen Teil der Hilfskredite, die die Griechen erhalten | |
haben. Indirekt würde Deutschland zudem von den Verlusten der Europäischen | |
Zentralbank getroffen, die griechische Staatsanleihen aufgekauft hat. | |
CSU und FDP suggerieren, dass es bei einer Insolvenz um die Frage ginge, | |
wer zahlt - die Griechen oder "wir". Doch ist dies eine völlig verquere | |
Analyse. Denn es stand von Anfang an fest, dass bei einem Konkurs nicht | |
allein die Griechen herangezogen werden. Schließlich haben sie ihre | |
Staatsschulden zu großen Teilen im Euro-Ausland aufgenommen, weswegen nun | |
genau dieses Euro-Ausland zahlen muss, wenn es zu einer Insolvenz kommt. | |
Unter anderem also "wir", die Deutschen. | |
Leider war es nicht folgenlos, dass Teile der Union und der FDP so | |
nationalistisch agieren. Denn damit wurde der eigentliche | |
Verteilungskonflikt verschleiert, der sich mitten in Deutschland abspielt. | |
Die Frage war: Wenn eine griechische Insolvenz unvermeidlich ist - wer | |
trägt die Kosten? Die deutschen Steuerzahler oder die Banken? | |
Inzwischen ist die Antwort klar: Es sind vor allem die Steuerzahler. Die | |
Banken hätte man nur massiv beteiligen können, wenn es zugleich Eurobonds | |
gegeben hätte. Diese gemeinsame Staatsanleihe aller Euroländer hätte | |
verhindert, dass die Investoren reihum gegen angeschlagene Eurostaaten | |
spekulieren und ihr Geld rechtzeitig abziehen. | |
Aber Eurobonds sind für FDP und CSU bis heute ausgeschlossen. Da müssten | |
"wir" ja zahlen. Welch ein Irrtum. Es wären die Banken gewesen. | |
12 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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