# taz.de -- Am Wahlkampfstand (4): Die SPD: Und schuld daran ist nur die SPD | |
> Die Jungen informieren sich im Netz, die Alten wählen die Piraten: | |
> SPD-Wahlkampf war auch schon mal einfacher. Immerhin: "Arbeiterverräter" | |
> ruft keiner. | |
Bild: Wahlplakat der Wowereit-Partei | |
"Haben Sie mal ein paar Infos?", fragt die Frau mit Kinderwagen. Roland | |
Schröder, SPD-Direktkandidat für den Pankower Wahlkreis 6, drückt ihr ein | |
Wahlprogramm und einen Flyer mit seinem Porträt in die Hand. Leicht | |
verwirrt blickt die Frau erst auf Schröders grinsendes Abbild und dann auf | |
Schröder selbst, der sie mit einem identischen Grinsen beschenkt. "Danke", | |
murmelt sie und hastet davon. "Die wird mich wählen", sagt Schröder. Beim | |
Straßenwahlkampf in Prenzlauer Berg, Schönhauser Ecke Stargarder, ist er | |
dieses Jahr froh, nicht als "Arbeiterverräter" beschimpft zu werden wie vor | |
der Bundestagswahl 2009. | |
Seine Mitstreiterin Eva Baumann versucht, das Wahlprogramm einem älteren | |
Paar in die Hand zu drücken. Das wehrt sich vehement und ruft so laut, dass | |
alle auf der belebten Straße kurz hinhören: "Piraten! Wir wählen die | |
Piratenpartei!" Roland Schröder hastet hinterher, um das Feuer zu löschen. | |
"Aber wir sind gute Demokraten", ruft er. "Wir auch! Piratenpartei!", | |
brüllt der ältere Herr zurück und streckt den Daumen nach oben. | |
Ein Radfahrer will wissen, wann die ganzen Baustellen in Pankow endlich | |
verschwinden. Schröder verweist auf den grünen Stadtrat. Der Radler | |
begreift: "Die Grünen sind also schuld. Kann ich Sie zum Bürgermeister von | |
Berlin wählen?" Nein, das soll ja der Wowereit werden, erklärt Schröder | |
geduldig. | |
Warum gerade Klaus Wowereit in Pankow nicht sehr beliebt ist, erläutert den | |
Wahlkämpfern ein Mann, der "unter Kohl aufgewachsen" ist. "Ich will, dass | |
Wowereit wegkommt, weil der nicht genug Schwung hat." Nach acht Jahren gebe | |
es eben Abnutzungserscheinungen, sagt er. "Ich habe euch zweimal | |
hintereinander gewählt, jetzt ist Schluss." | |
Ein Mann mit Bierflasche und vielen Ohrringen erkundigt sich, was die SPD | |
gegen die hohen Wohnkosten in Pankow tun will. "Jedes Mal, wenn man in den | |
Briefkasten schaut, liegt da eine Ankündigung, dass die Miete wieder | |
steigt. Die Vermieter können doch nicht machen, was sie wollen!" Das findet | |
Roland Schröder auch. Da müsse man eine schöne Kampagne machen und Druck | |
aufbauen, sagt er. | |
Jüngere Menschen meiden den SPD-Stand und die ihnen entgegengestreckten | |
Wahlprogramme. "Nein danke, ich wähle anders", murmeln manche im | |
Vorbeigehen. Auch dem SPD-Direktkandidaten fällt das auf, aber kecke | |
Sprüche für die Jugend will er sich nicht ausdenken. | |
Zwei Mädchen, die ihn keines Blickes gewürdigt haben, sagen, dass sie sich | |
im Internet informieren. "Die SPD ist nicht mein Liebling, aber das ist im | |
Moment keiner", erklärt eins der beiden. Wenn man die wählt, ändert sich | |
nichts." - "Die Frage ist, ob man die nicht wählen sollte, damit alles | |
nicht noch schlechter wird", sagt ihre Begleiterin und wirft einen kurzen | |
Blick auf den Wahlstand. Sie schütteln die Köpfe und gehen weiter. | |
## Morgen: Am Wahlstand der Piraten | |
15 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Alissa Starodub | |
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