# taz.de -- Chemiekonzern Bayer: Langer Abschied vom Pflanzengift | |
> Bayer will bis 2012 alle Pestizide der höchsten Gefahrenklasse vom Markt | |
> nehmen. Für Umweltschützer kommt diese Maßnahme deutlich zu spät. | |
Bild: Es sprüht sich halt so leicht. | |
BERLIN taz | Für viele Umweltschützer erfüllt sich eine jahrzehntelange | |
Forderung: Der Chemiekonzern Bayer AG wird alle Pflanzengifte, die die | |
Weltgesundheitsorganisation (WHO) als "extrem gefährlich" einstuft, bis | |
Ende 2012 vom Markt nehmen. Dies kündigte vergangene Woche der Teilkonzern | |
Bayer Cropscience an. Cropscience ist mit 6,8 Milliarden Euro Jahresumsatz | |
der weltweit zweitgrößte Hersteller von Pflanzenschutzmitteln. Das | |
Unternehmen will den Gebrauch der Stoffe der WHO-Gefahrenklasse 1 schon | |
seit 1995 zurückfahren. Dennoch werden sie bis heute zur | |
Schädlingsbekämpfung, etwa auf Bananenplantagen in Mittelamerika, | |
eingesetzt. | |
Philipp Mimkes, Pressesprecher des Vereins Coordination gegen | |
Bayer-Gefahren (CBG), sagt: "Der Konzern hat sich in Sachen Umwelt- und | |
Gesundheitsschutz in den vergangenen 15 Jahren nur wenig entwickelt, der | |
Ausstieg wäre sonst früher möglich gewesen." Die WHO schätzt, dass jährlich | |
mindestens sieben Millionen Menschen durch Pflanzenschutzmittel vergiftet | |
werden, knapp 70.000 sterben an den Folgen. Unter den Betroffenen sind | |
nicht nur Land- und Industriearbeiter: Auf den Philippinen mussten 2006 | |
nach einem Unfall mit dem Bayer-Spritzmittel Mocap 79 Schulkinder stationär | |
behandelt werden. Wie andere Gifte der Gefahrenklasse 1 kann Mocap zu | |
Schwindelanfällen und Brechreiz, im Extremfall auch zum Tod führen. | |
## "Normaler Umstellungsprozess" | |
Man habe kontinuierlich geforscht und stehe nun am Ende eines ganz normalen | |
Umstellungsprozesses auf umweltfreundlichere Produkte, sagt Utz Klages. Der | |
Pressesprecher von Bayer Cropscience führt als Grund dafür an, dass der | |
Geschäftsbereich 2012 aufgegeben wird, auch die geringen Umsätze - ohne | |
genaue Zahlen zu nennen. Wie viele Stoffe der höchsten Gefahrenklasse Bayer | |
führt, ließ Klages ebenfalls unbeantwortet. | |
CBG fordert, dass Bayer Cropscience auch eines der Flaggschiffe seiner | |
Pestizidproduktion vom Markt nimmt: Das Unkrautvernichtungsmittel | |
Glufosinat Ammonium, das eine Komponente in der weltweiten | |
Gentechnikstrategie des Konzerns darstellt. Seit Kurzem bietet Bayer nur | |
noch ein Produkt mit diesem Inhaltsstoff in Deutschland an (Basta). Nun | |
werde fatalerweise stattdessen noch mehr auf den Export des zweiten | |
Produktes namens Liberty gesetzt, befürchtet Bayer-Kritiker Mimkes. Dessen | |
Einsatz könne dazu führen, dass Kinder von belasteten Personen mit | |
Missbildungen geboren werden. | |
19 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Karen Grass | |
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