# taz.de -- Linkspartei nach der Berlin-Wahl: Bröckelnde Basis im Plattenbau | |
> Die Linke verliert ihre Hochburgen in Ostberlin - und sucht nun die | |
> Schuldigen. Der Landeschef in MeckPomm fordert, die für Juni 2012 | |
> geplante Neuwahl der Parteispitze vorzuziehen. | |
Bild: Linkspartei-Chefin Gesine Lötzsch und der Berliner Spitzenkandidat der L… | |
BERLIN taz | Das Ergebnis hat sie sich selbst eingebrockt. Vier von sechs | |
Direktmandaten verloren, bei den Zweitstimmen hinter der SPD: Die | |
Linken-Hochburg in den Plattenbauten von Berlin-Lichtenberg bröckelt - und | |
mit verantwortlich ist die Linke-Bundesvorsitzende Gesine Lötzsch, die in | |
Lichtenberg zugleich das Amt der Kreisvorsitzenden einnimmt. | |
"Wir hatten die Hoffnung, dass wir in Berlin zulegen würden", zeigte sich | |
Lötzsch nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus am Sonntag zerknirscht. | |
Dabei war sie es, die mit ihrer Kommunismusdebatte und der devoten | |
Huldigung an Fidel Castro den Berliner Genossen das Leben schwergemacht | |
hatte. "Mir steht es bis hier", hatte Linken-Landeschef Lederer den | |
Geburtstagsbrief an den kubanischen Revolutionsführer kommentiert. Nun | |
dürfte es Lederer noch höher stehen. Die 11,7 Prozent der Stimmen, auf die | |
die Linke am Sonntag kam, bedeuten nach fast zehn Jahren das Aus für | |
Rot-Rot in Berlin. Bei der Wahl 2006 hatte die Linke noch 13,4 Prozent der | |
Wählerstimmen bekommen, fünf Jahre davor - mit Gregor Gysi als | |
Spitzenkandidat - 22,6 Prozent. | |
Am Tag nach der Wahl trat Gesine Lötzsch die Flucht nach vorne an: Es habe | |
bei der öffentlichen Darstellung Probleme gegeben, räumte die Bundeschefin | |
auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Landeschef Lederer ein. | |
Zerstrittene Parteien seien offenbar das, was Wähler "am meisten | |
verabscheuen". Zuvor hatte sie aber jede Schuld von sich gewiesen: "Wahlen | |
gewinnt und verliert man gemeinsam." | |
Das sieht zumindest der Linken-Landeschef von Mecklenburg-Vorpommern, | |
Steffen Bockhahn, nicht so. Er fordert, die für Juni 2012 geplante Neuwahl | |
der Parteispitze vorzuziehen. Bockhahn nannte das Berliner Ergebnis der | |
Linken eine "harte Quittung für die Performance der Bundespartei". | |
Auch Brandenburgs Linke-Chef Thomas Nord warnte: "Wenn wir so weitermachen, | |
dann wird die Linke keinen Bestand haben." Nord will nun, dass sich Lötzsch | |
und ihr Kovorsitzender Klaus Ernst der Verantwortung stellen. "Ich will | |
eine klare Analyse der Lage und Vorschläge, wie wir darauf reagieren", | |
sagte Nord der taz. Eine vorgezogene Personaldebatte aber lehne er ab. | |
## "Gute-Laune-Sozialismus" | |
Der Fraktionsvize der Linken, Dietmar Bartsch, sprach von Fehlern auf | |
Bundesebene, will aber ebenfalls keine schnelle Personaldiskussion. Bartsch | |
erhofft sich vor allem eine inhaltliche Erneuerung auf dem | |
Programmparteitag im Oktober. Erst danach solle über das Personal geredet | |
werden. Darauf verständigte sich auch der Bundesvorstand der Linken auf | |
seiner Sitzung am Montag. | |
Unterdessen begannen die Berliner Linken, die Scherben zusammenzukehren. | |
Klaus Lederer versprach seiner Partei eine "kraftvolle Opposition". Dabei | |
sollen aber die politischen Botschaften, auch vor dem Hintergrund des | |
Einzugs der Piraten ins Berliner Parlament, besser verkauft werden. Man | |
wolle, so der 37-Jährige, künftig einen Sozialismus repräsentieren, der | |
"gute Laune" mache und "Lust auf Veränderungen" wecke. | |
Erste personelle Konsequenzen kündigte der Berliner Spitzenkandidat Harald | |
Wolf an. Der Wirtschaftssenator und stellvertretende Regierende | |
Bürgermeister war im Wahlkampf blass geblieben. Zudem erweckten Plakate wie | |
"Mieter vor Wild-West schützen" den Eindruck, die Linke habe zehn Jahre auf | |
der Oppositionsbank statt auf der Regierungsbank gesessen. Wolf kündigte | |
an, im neuen Parlament nicht als Oppositionsführer zur Verfügung zu stehen. | |
Den Fraktionsvorsitz der Linken soll sein Bruder Udo Wolf behalten. | |
Dass der Berliner Linken in der Opposition ein ähnlicher Flügelstreit droht | |
wie der Bundestagsfraktion hält man im Berliner Landesverband für | |
ausgeschlossen. "Meinungsverschiedenheiten gibt es immer wieder, aber die | |
sind nicht ideologisch grundiert", sagte Landessprecher Thomas Barthel. | |
19 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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