# taz.de -- Funditreffen der Linkspartei: Aufpoliertes Ego | |
> Sahra Wagenknecht schwört in der Berliner Humboldt-Uni den | |
> fundamentalistischen Flügel der Linkspartei auf seine Positionen ein. | |
> Denn in zwei Wochen ist Parteitag. | |
Bild: Will immer schön konsequent bleiben: Sahra Wagenknecht. | |
BERLIN taz | "Kurs halten!" Wer einem Kongress ein derart selbstbewusstes | |
Motto verpasst, scheint sich seiner Sache sicher. Am Samstag traf sich der | |
fundamentalistische Flügel der Linkspartei in der Berliner | |
Humboldt-Universität. | |
Zwei Wochen vor dem Programmparteitag in Erfurt wollte man sich noch einmal | |
auf die gemeinsamen politischen Ziele verständigen, die sich aus den drei | |
großen Keins zusammensetzen, also: kein Sozialabbau, keine Kriegseinsätze, | |
keine Privatisierung. | |
Fünfhundert Besucher waren ins Audimax gekommen, um, so der Untertitel des | |
Kongresses, "Ein Programm für die Mehrheit!" zu diskutieren. Welche | |
Mehrheit gemeint ist, war klar: die der Antikapitalistischen Linken um | |
Sahra Wagenknecht. Die 42-Jährige war erst kürzlich von den Fundi-Frauen | |
ihrer Partei für eine Fraktionsdoppelspitze mit Gregor Gysi ins Gespräch | |
gebracht worden. | |
Ihren Unterstützerinnen dankte sie dies, indem sie erst sagte, der Genosse | |
Gysi müsse sie schon wollen, um anschließend Oskar Lafontaine als | |
Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2013 vorzuschlagen. Beim Berliner | |
Kongress waren sowohl Wagenknecht als auch Lafontaine als Redner | |
angekündigt. Lafontaine kam dann aber nicht - ihm war am Samstag die Stimme | |
weggeblieben. | |
## "Klar machen, wofür wir kämpfen" | |
So war es denn Sahra Wagenknecht, die die Genossen in den Klappstühlen fit | |
für Erfurt machte. In ihrer Rede stellte sie klar, welchen Kurs es ihrer | |
Überzeugung nach zu halten gilt: Fundamentalopposition zum Wohle der | |
gebeutelten Partei. Man müsse, so die Frau im roten Kostüm, den irritierten | |
Sympathisanten wieder klarmachen, "wofür wir kämpfen, wofür wir einstehen | |
und wofür sie uns dann auch wählen". | |
Zehn Euro Mindestlohn, klare Antikriegsposition, Stärkung des öffentlichen | |
Dienstes - dies, so Wagenknecht, seien Kernpositionen, die von allen | |
Parteimitgliedern gemeinsam vertreten werden müssten. Zudem müsse es ein | |
Ende haben, dass sich die Partei ständig Themen und Debatten von außen | |
aufdrängen lasse. Egal ob das Personaldebatten über die Spitze | |
Ernst/Lötzsch seien, "über die Bewertung historischer Ereignisse" wie den | |
Mauerbau oder "über Briefe oder Gratulationen" seien - gemeint ist das | |
Glückwunschschreiben an Fidel Castro. | |
Das Wahljahr sei miserabel gelaufen, wohl wahr. Aber sei das ein Grund, die | |
Strategie schon wieder grundlegend zu ändern? Nein, im Gegenteil, die | |
Partei möge zu jener erfolgreichen Strategie zurückzukehren, die man bis | |
vor zwei Jahren vertreten habe. Eine "Partei der Stöckchenspringer", sagte | |
sie in Richtung des Realoflügels, sei "kein zukunftsweisender Kompass", man | |
solle sich nicht "an die Macht kungeln". | |
## Realos gebasht, Castro gelobt | |
Der vorgelegte Programmentwurf für den Parteitag in Erfurt sei denn auch | |
entsprechend "konsequent links, konsequent antineoliberal, konsequent | |
antikapitalistisch und konsequent antikriegsorientiert". Diese | |
unerbittliche Haltung unterscheide die Linke von allen anderen Parteien. | |
"Dazu gehört, dass wir, egal ob wir in einer Regierung sind oder in einer | |
Opposition, eine konsistente Politik machen, in der wir wieder erkannt | |
werden und unser Gesicht behalten", sagte Wagenknecht. | |
Die Genossinnen und Genossen im Audimax waren hoch zufrieden. Sahra | |
Wagenknecht hatte ihr angeschlagenes Selbst- und Parteibild wieder auf | |
Hochglanz gewienert. Noch bis in den Nachmittag diskutierte man über die | |
Abschaffung der Nato, Kuba und gesellschaftliches Eigentum. Es wurden | |
Realos gebasht und Castro gelobt, und zwischendurch stärkte man sich mit | |
Speisen und Getränken "zu solidarischen Preisen". Erfurt kann kommen. Die | |
Fundis sind bereit. | |
9 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
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