# taz.de -- Kommentar PiratInnen: Frauen sind überlebenswichtig | |
> Die Piratenpartei wehrt sich strikt gegen eine Frauenquote. Dabei ist | |
> längst nicht alles in Butter, so wie die männlichen Mitglieder es gerne | |
> glauben lassen wollen. | |
Bild: Fallen auf: Kandidaten der Piraten-Partei. | |
Das bequeme Szenario sieht so aus: In der Piratenpartei findet man sich mit | |
dem niedrigen Frauenanteil ab - schließlich hat die Partei ihre Wurzeln in | |
technischen Kontexten, da gibt es ja auch meist mehr Männer als Frauen: | |
warum also aufregen. | |
Man lässt das sowieso männerdominierte Parlament noch etwas männerlastiger | |
werden und steht in dreißig Jahren im Geschichtsbuch als die Partei, die | |
sich bis zuletzt vehement gegen eine Frauenquote wehrte. | |
Das unbequeme Szenario: Die Piraten beschließen mit breiter Mehrheit, etwas | |
gegen den niedrigen Frauenanteil zu unternehmen. Sie verbannen das Wort | |
"Postgender" vorerst dorthin, wohin sie auch den "Feminismus" geschmissen | |
haben, und entwickeln Strategien, die am Ende sogar Gleichberechtigung und | |
nicht nur Gleichstellung schaffen. | |
Wenn die Piratenpartei überleben will, sollte sie zusehen, dass sie | |
schleunigst Szenario 2 in Angriff nimmt. Gleichberechtigung ist dabei kein | |
Selbstzweck. Es geht nicht darum, dass es natürlich wünschenswert wäre, | |
wenn Frauen, Männer und Menschen, die sich weder als Frau noch als Mann | |
sehen oder sehen wollen, gleichberechtigt sind; der Anteil von Frauen und | |
Männern hat, solange die Sozialisierung der Geschlechter so läuft, wie sie | |
läuft, auch Auswirkungen auf die Kultur einer Partei. | |
Diskussionen funktionieren anders, Entscheidungsfindungen nehmen | |
unterschiedliche Wege, je nachdem ob die Gruppe ganz überwiegend männlich, | |
weiblich oder eher ausgeglichen zusammengesetzt ist. | |
Dass Piraten - an dieser Stelle übrigens ausschließlich Männer - gerne | |
gereizt bis aggressiv regieren, wenn sie auf das Thema angesprochen werden, | |
ist eher ein weiterer Beweis dafür, dass eben nicht alles in Butter ist. Es | |
reicht nicht, zu beteuern, mehr Frauen wären zwar super, aber eigentlich | |
sei alles in Ordnung, weil man diese lästigen Geschlechterrollen hinter | |
sich gelassen habe. | |
Solange es weiterhin Frauen gibt, die von einem Parteieintritt | |
zurückschrecken, weil sie einmal die Diskussionskultur beim wöchentlichen | |
Treffen mitbekommen haben, solange es Frauen gibt, die sich einen | |
geschützten Raum in der Partei wünschen und davon abgehalten werden, ihn | |
einzurichten, verlieren die Piraten potenzielle Aktive oder machen ihnen | |
das engagierte Mitarbeiten schwerer als nötig. Für eine Partei, die in zwei | |
Jahren in den Bundestag einziehen will, wäre das ziemlich kurz gedacht. | |
20 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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