# taz.de -- Moderatorenwechsel bei "Extra 3": Feind gesucht! | |
> Es ist ein Wunder, wie "Extra 3" (22.50 Uhr, NDR) seit 35 Jahren Satire | |
> macht. Nun gibt es einen neuen Moderator, der sicher vieles anders machen | |
> wird, als Vorgänger Schlegl. | |
Bild: Vorerst keine Interviews: Christian Ehring mag nicht über Leute herfalle… | |
HAMBURG taz | Sendungskritik bei "Extra 3": Die Autoren quetschen sich am | |
Donnerstagvormittag in das Büro von Redakteur Andreas Lange, um die | |
Aufzeichnung vom Vorabend zu besprechen. Kaum einer ist auch nur halb so | |
alt wie der durchschnittliche 62-jährige NDR-Zuschauer, diskutiert wird ein | |
Beitrag von Außenreporterin Caroline Korneli. | |
"Caro" hat sich Wowereits Kuschelwahlkampf in Berlin angesehen. "Ich hatte | |
das Problem, dass der Feind nicht richtig klar war", gibt eine der Autoren | |
in die Runde. Der "Feind" spielt bei "Extra 3" eine große Rolle. Er ist der | |
Verantwortliche für einen Missstand, der satirisch aufbereitet werden soll | |
- es soll nur vorgeführt werden, wer es verdient. | |
Hat Korneli vorgeführt? "Wenn jemand so sympathisch ist wie Klaus | |
Wowereit", fragt sie in dem Beitrag einen älteren Wowi-Fan, "ist es dann | |
nicht nur logisch, dass man dann mal diese lästigen Inhalte rüberfallen | |
lässt im Wahlkampf?" Ja, kann man machen", sagt der. Und ein anderer: "Ich | |
mag Klaus Wowereit. Schulden habe ich auch." | |
Wer ist der Feind? Wowi, der kuschelt, oder die Fans, die sich kuscheln | |
lassen? Es ist nicht selbstverständlich, dass sich Fernsehmacher solche | |
Fragen stellen. Die Autoren haben eine journalistische Ausbildung, es sind | |
ehemalige NDR-Volontäre. Dem neuen Moderator Christian Ehring gefällt | |
dieser Ethos. "'Extra 3' ist ein Traumjob", sagt er. | |
Bei der "Heute Show" im ZDF spielt der Kabarettist einen Reporter an der | |
Seite von Oliver Welke, der nicht richtig zuhört. "Extra 3" ist die erste | |
Sendung, die er moderiert. Das Studio wurde für ihn umgebaut. Während sich | |
sein Vorgänger Tobi Schlegl durch die Zuschauerreihen bewegte, gibt es nun | |
eine klare Aufteilung zwischen Bühne und Publikum, mehr Zuschauer haben | |
Platz. Ehring braucht die Bühne. | |
## Mehr Clips, weniger Interviews | |
Der Vorgänger Schlegl hatte sehr lange gebraucht, um in das Format zu | |
finden. Die gesamte Sendung hatte anfangs nachgelassen, als er vor vier | |
Jahren übernahm, manche Fans waren enttäuscht. Bei seinen ersten | |
Politikerinterviews wollte die Rampensau Schlegl besonders bissig sein, | |
schoss über das Ziel hinaus, was dazu führte, dass man den Rechtspopulisten | |
Roger Kusch sympathischer finden konnte als ihn. | |
Doch er wuchs mit der Sendung. Kult sind seine Straßenaktionen. Als die | |
Katholische Kirche die Missbrauchsfälle ignorierte, ging Schlegl als | |
Geistlicher verkleidet auf die Straße, verteilte Schwämme für die Aktion | |
"Schwamm drüber". | |
Ehring wird vorerst keine Interviews in der Sendung führen. Es sei nicht | |
sein Ding, über jemanden herzufallen, zu denen man eben noch eine Nähe | |
aufgebaut habe. Er möchte nicht die Sendung für sich einnehmen, sie lebe | |
auch von den Beiträgen. Die Zurückhaltung könnte gut tun, denn die Clips | |
gehören nach wie vor zum Lustigsten, was man im Fernsehen sehen kann. | |
Es ist ein kleines Wunder, dass "Extra 3" überhaupt existieren kann. Es ist | |
eben nicht in gewohnter Manier alles bis ins Letzte glattgebügelt, damit | |
auch jeder die Pointe versteht und bloß keiner verwirrt ist. Darum hat | |
"Extra 3" immer große Talente angezogen, wie den Verwandlungskünstler | |
Johannes Schlüter und den französischen Aushilfsreporter "Alfons". | |
Oder Caro Korneli, die, bevor sie zu "Extra 3" kam, bei den genialen | |
"TV-Helden" auf RTL mitwirkte, die aber nach zwei Folgen wieder eingestellt | |
wurden. "Wir haben guten Rückhalt beim NDR", sagt Andreas Lange. | |
Provokationen seien ausdrücklich erwünscht. Ob Christian Ehring dafür der | |
Richtige ist, wird sich zeigen. | |
21 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Martin Rank | |
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