# taz.de -- Russische Truppen in Polarregion: Die Eis-Mauer ist geschmolzen | |
> Früher war die russische Staatsgrenze mancherorts schlichtweg durch Eis | |
> geschützt. Durch den Klimawandel hat sich das geändert – nun wird Militär | |
> in die Polarregion geschickt. | |
Bild: Fiese Blicke im ewigen Eis: Russische Polareule. | |
MOSKAU taz | Im russischen Eismeerhafen Archangelsk geht es zurzeit auf | |
einer Konferenz zum "Dialograum Arktis" eigentlich cool und nüchtern zu: | |
Die Anrainerstaaten verhandeln, wie der äußerste Norden technisch | |
erschlossen werden kann, um Rohstoffe auszubeuten. | |
Doch Russlands Sonderbotschafter Anton Wassiljew ließ es sich nicht nehmen, | |
noch am Vorabend der Expertenrunde wieder für heiße Schlagzeilen zu sorgen. | |
Russland werde seine Grenztruppen in der Polarregion verstärken. Als | |
Begründung führte er an, dass die Staatsgrenze früher durch Eis und | |
harsches Klima gesichert gewesen sei, durch die Eisschmelze jedoch über | |
tausende Kilometer unbewacht seien. | |
Gleichzeitig untermauerte der Sonderbotschafter Moskaus Führungsanspruch in | |
der Polarregion. Er spricht von Russland als "Führer in der Arktis". Das | |
könne auch nicht anders sein, da die Hälfte der Arktis Russland gehöre. Das | |
neoimperiale Rasseln ist für die heimische Klientel bestimmt. Von den 21 | |
Millionen Quadratkilometern der Arktis erhebt Russland Anspruch auf 4 | |
Millionen. | |
Darüber wird die UN-Organisiation UNCLOS (United Nations Convention on the | |
Law of the Sea) erst in einigen Jahren entscheiden, wenn alle Staaten ihre | |
Ansprüche auf die Polarregion angemeldet haben. Wie Russland haben es auch | |
die Polaranrainer Dänemark und Kanada auf den Lomonossow-Kamm abgesehen, | |
der sich von Grönland bis an die russische Küste des Polarmeers erstreckt. | |
Die Entscheidungshoheit der UNCLOS stellt jedoch keiner der Mitgliedstaaten | |
des Gremiums infrage. | |
Die Aufstellung der Truppen, wenn es denn überhaupt so weit kommen sollte, | |
dient der Überwachung der Nordostpassage. Durch die Eisschmelze ist dieser | |
Seeweg zwischen Europa und Südostasien zu einer attraktiven Kurzroute | |
geworden. Militär ist für die Sicherung der Ressourcen nicht vonnöten, da | |
sich 84 Prozent der Öl- und Gasvorkommen ohnehin innerhalb der festgelegten | |
nationalen Grenzen befinden. Nur 30 Prozent der Naturschätze liegen | |
außerhalb dieses Raums. Den befürchteten "arktischen Krieg" hat Russland | |
längst gewonnen: 60 Prozent der arktischen Gasvorkommen liegen innerhalb | |
seiner 200-Meilen-Zone. | |
22 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Helge Donath | |
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