# taz.de -- Die Nordostpassage wird zum Handelsweg: Abkürzung mit Atom-Eisbrec… | |
> In der Nordostpassage schmilzt das Eis. Transporte durch die sensible | |
> Region nördlich von Russland nehmen zu. Noch fehlt es aber an eisfesten | |
> Handelsschiffen. | |
Bild: Startpunkt Kirkenes/Norwegen: Die MV Nordic Barents vor ihrer Nordostpass… | |
STOCKHOLM taz | Zwei Monate dauerte es bisher, norwegisches Flüssiggas | |
künftig nach Japan zu schippern – der Zeitraum soll künftig halbiert | |
werden. Dazu will die Reederei Knutsen OAS Shipping die Route vom | |
nordnorwegischen Hammerfest nach Japan ändern, nicht mehr durch den | |
Suezkanal wie bisher, sondern durch die Nordostpassage. Brisant ist das, | |
weil der arktische Seeweg nördlich der russischen Küste die Frage nach den | |
Zuständigkeiten im Nordmeer befeuert. | |
Vergangene Woche hat die Reederei von den russischen Behörden grünes Licht | |
für den Einsatz ihres LNG-Tankers "Ribera del Duero Knutsen" auf der | |
Nordroute bekommen. Dies ist das derzeit weltweit einzige Spezialschiff, | |
das die nötige Eisklasse "ICE-1A Winterized" erfüllt. Denn ganz eisfrei ist | |
die Passage auch im Sommer noch nicht, auf einigen Teilstrecken werde wohl | |
die Hilfe russischer Eisbrecher benötigt, so die Reederei. | |
Formal hatte Moskau die Nordostpassage schon 1991 für den kommerziellen | |
Schiffsverkehr geöffnet, doch erst 2009 wurden die ersten Genehmigungen | |
erteilt. Damals passierten zwei Schiffe die Passage. 2010 waren es vier, | |
vergangenes Jahr bereits 34. Im kommenden Jahr werden über 100 Touren | |
erwartet. | |
Zusätzlich zu diesem internationalen Frachtverkehr kommt umfangreicher | |
innerrussischer Schiffsverkehr zur Versorgung der Bevölkerung in der | |
Nordregion. Die 5.600 km lange Strecke von Murmansk bis zur Beringstraße | |
ist normalerweise von Juni bis Oktober befahrbar, eine Durchfahrt dauert | |
etwa zwei Wochen. | |
Eigentlich seien das mögliche Frachtpotenzial und auch die vorhandene | |
Kapazität für die Nordostpassage schon jetzt viel höher, meint man bei | |
"Rosatom", dem Betreiber der russischen Atomeisbrecherflotte, die sich über | |
das neue Geschäft freut. Der Engpass seien Schiffe mit der nötigen | |
Eisklasse. Die russische Schifffahrtsbehörde nimmt jedes Schiff technisch | |
unter die Lupe, bevor eine Transitgenehmigung erteilt wird. | |
Umweltschutzorganisationen fordern ein internationales Regelwerk, das auf | |
die arktischen Verhältnisse zugeschnitten sei. Doch ähnlich wie bei der | |
Frage, wer die Naturressourcen der Arktis kontrollieren darf, lassen die | |
Arktisanrainer auch auf dem Transportsektor nicht an ihrer formalen | |
Souveränität rütteln. "Haben sich erst einmal vorwiegend wirtschaftliche | |
Interessen durchgesetzt", befürchtet Timo Koivurova, Umweltrechtler an der | |
finnischen Universität Rovaniemi, "dann ist es für internationale | |
Regelungen zu spät." | |
11 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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