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# taz.de -- Umbruch in der Luftfahrt: Billigflieger vor Bruchlandung
> Air Berlin kürzt seine Flotte um 10 Prozent. Die gesamte Branche steht
> vor großen Problemen, obwohl das erste Halbjahr 2011 einen Rekord an
> Passagierzahlen brachte.
Bild: Eine Branche im Sinkflug: Zuletzt verkleinerte Air Berlin seine Flotte um…
BERLIN taz | Air Berlin kommt nicht aus der Krise. Der neue Chef Hartmut
Mehdorn verkleinert deshalb die Flugzeugflotte des Unternehmens: Bis 2012
sollen 18 Maschinen ausrangiert werden, das sind zehn Prozent.
Welche Konsequenzen das für die Beschäftigten hat, machte der Konzern nicht
deutlich. Durch straffere Arbeitsabläufe bei den 152 verbliebenen Maschinen
will Mehdorn im kommenden Jahr jedoch 200 Millionen Euro einsparen -
momentan macht der Konzern im laufenden Geschäft einen Verlust von 44
Millionen.
Laut Rudolf Juchelka, Professor für Wirtschaftsgeografie an der Universität
Duisburg-Essen, ist das Problem von Air Berlin aber nicht ein aufgeblähter
Personal- und Flugzeugbestand: "Air Berlin hat kein konkretes
Konzernmodell, sondern versucht, Low-Cost-, Charter- und Linienflugverkehr
irgendwie zu vereinen - das kann nicht klappen", sagte er der taz.
Air Berlin ist der größte unter den rund 20 Anbietern im Billigflugbereich
in Deutschland. Für die ganze Branche läuft es momentan alles andere als
gut. Allein bei den innerdeutschen Flügen gab es im ersten Halbjahr 2011
laut Deutschem Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) acht Prozent weniger
Starts als im Vorjahr. Der lange boomende Markt wächst nicht mehr.
## "Preissensible Kunden"
Neben dem britischen Anbieter Easy Jet zieht sich auch das irische
Unternehmen Ryanair von immer mehr regionalen Flughäfen zurück, auf denen
beide quasi Monopolstellung hatten. Der Lübecker Flughafen hatte deshalb im
August dieses Jahres 40 Prozent weniger Passagiere als sonst,
Frankfurt-Hahn verzeichnete 21, der Flughafen Weeze an der niederländischen
Grenze 26 Prozent weniger Fluggäste. Die Begründung der Airlines: Die
"preissensiblen Kunden" reagierten empfindlich auf die Luftverkehrsabgabe,
die Fluggesellschaften seit Januar dieses Jahres abgeben müssen. Die Kosten
von acht Euro bei Flügen bis 2.500 Kilometer und 25 Euro bis 6.000
Kilometer zahlen die Kunden.
Rudolf Juchelka hält das für ein vorgeschobenes Argument: "Die Leute wollen
fliegen, einigen europäischen Anbietern fehlt nur das Konzept, sie für sich
zu gewinnen." In den USA oder Asien dagegen seien "reine Low-Cost-Anbieter"
hoch erfolgreich, so Juchelka. Sie spezifizierten ihr Angebot und suchten
sich die richtige Nische heraus. Easy Jet mache gerade erste zaghafte
Schritte in die richtige Richtung, das Unternehmen spezialisiere sich auf
Geschäftsreisende, sagt Juchelka.
Ähnliches fordern in einer aktuellen Umfrage des Marktforschungsinstituts
Trendscope auch Manager der Reisebranche. Sie fordern von Mehdorn, der als
ehemaliger Bahnchef erst am 1. September die Konzernleitung von Air Berlin
übernahm, das Unternehmen aus dem Billigflugsegment wegzuholen. Air Berlin
lehnt das bisher ab.
Noch nie gab es in Deutschland so viele Fluggäste wie im ersten Halbjahr
2011, es gibt ein Boomjahr vor allem für die klassischen Airlines. Doch
auch sie sehen skeptisch auf das nächste Jahr. Der Internationale
Branchenverband IATA sagt für 2012 sinkende Gewinne für den gesamten
Flugverkehr voraus.
21 Sep 2011
## AUTOREN
Karen Grass
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