# taz.de -- Schwarz-Gelb im Alleingang: Neues Wahlrecht beschlossen | |
> Fast drei Monate gab es kein gültiges Bundeswahlgesetz. Nun setzte | |
> Schwarz-Gelb den eigenen Vorschlag durch. Die Opposition sieht darin | |
> einen "Anschlag auf die Demokratie" und will klagen. | |
Bild: Künftig dürfen die in einem Bundesland errungenen Zweitstimmen einer Pa… | |
BERLIN dpa | Deutschland hat wieder ein gültiges Wahlrecht. Im Alleingang | |
setzte die schwarz-gelbe Koalition am Donnerstag im Bundestag ihre Position | |
für eine Änderung des Bundeswahlgesetzes durch. | |
SPD, Grüne und Linkspartei kündigten allerdings sofort Klage dagegen vor | |
dem Bundesverfassungsgericht an. Der Grünen-Politiker Volker Beck sprach | |
von einem "Anschlag auf die parlamentarische Demokratie". | |
Seit fast drei Monaten hatte es keine gültige Grundlage für eine | |
Bundestagswahl mehr gegeben. Eine Frist der Karlsruher Richter, bis zum 30. | |
Juni für eine Neuordnung zu sorgen, hatten Union und FDP verstreichen | |
lassen. Nach Ansicht von Verfassungsexperten wäre deshalb auch eine | |
vorgezogene Neuwahl nach altem Recht nicht mehr zulässig gewesen. | |
Die Koalition verteidigte ihr Konzept. Damit werde am bewährten Wahlrecht | |
festgehalten, gleichzeitig aber die Vorgabe aus Karlsruhe erfüllt, erklärte | |
Unions-Parlamentsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU). | |
SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann widersprach: "Sie benutzen | |
das Wahlrecht zum eigenen Machterhalt." Sein Grünen-Kollege Beck meinte, | |
Union und FDP wollten sich die Mehrheit im künftigen Parlament "ergaunern". | |
Die Karlsruher Richter hatten im Juli 2008 das sogenannte negative | |
Stimmengewicht für verfassungswidrig erklärt. Dies kann in bestimmten | |
Fällen bislang dazu führen, dass die Abgabe einer Zweitstimme einer Partei | |
bei der Zahl ihrer Mandate schadet. Der Effekt tritt im Zusammenhang mit | |
Überhangmandaten auf, auf die Parteien Anspruch haben, wenn sie in einem | |
Bundesland mehr Direktmandate erhalten, als ihnen nach dem Ergebnis der | |
Zweitstimmen zustehen. | |
Mit der zwischen Union und FDP vereinbarten Änderung wird die bislang | |
mögliche Verbindung von Landeslisten einer Partei gestrichen. Künftig | |
dürfen damit die in einem Bundesland errungenen Zweitstimmen einer Partei | |
nicht mehr mit denen aus einem anderen Land verrechnet werden. Für die | |
künftig verbleibenden "Reststimmen" werden zusätzliche Mandate vergeben. | |
In ihrem Entwurf schlug die SPD vor, Ausgleichs- für Überhangmandate | |
einzuführen. Grüne und Linkspartei plädieren im Prinzip dafür, das | |
Entstehen von Überhangmandaten durch eine Verrechnung zwischen den | |
Landeslisten einer Partei zu verhindern. | |
29 Sep 2011 | |
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Wahlkampf | |
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