# taz.de -- Rekonstruktion einer Ehec-Katastrophe: Der Keimkrimi | |
> Ehec hielt Deutschland in Atem. Jetzt erst aber zeigt sich im Detail, wie | |
> schwerfällig Behörden reagierten und wie überfordert Ärzte waren. | |
Bild: Auf den Spuren der Sprosse - die Suche nach dem Erreger lief in Deutschla… | |
Die Ärzte, die Schwestern, halten Karin Schader* an den Beinen fest, sie | |
ziehen ihr den Mund auseinander, weil sie Angst haben, dass Schader | |
erstickt, sie geben ihr Medikamente. Dann, irgendwann, ihrem Mann kommt es | |
wie eine Ewigkeit vor, erlangt Schader wieder ihr Bewusstsein. Asklepios | |
Klinik Hamburg-Altona. Frühsommer 2011. Schader ist eine von hunderten | |
Ehec-Patientinnen in Deutschland. Aber es dauert eine ganze Weile, bis die | |
Mediziner herausfinden, dass ihre Anfälle, ihre Krämpfe, ihre Ängste, ihre | |
Wahnvorstellungen mit dem Bakterium zu tun haben, dass ein ganzes Land in | |
Atem hält. | |
65 Tage dauert die Epidemie im Sommer 2011, die das | |
Escherichia-coli-Bakterium O104:H4 auslöst. 65 Tage, in denen Forscher | |
fieberhaft fahnden, Familien bangen und Bauern fürchten und wüten. 53 | |
Menschen sterben allein in Deutschland. Als eine Ministerin den Verdacht | |
auf spanische Gurken lenkt, löst das eine politische Krise aus. Millionen | |
Deutsche stellen ihre Ernährung um. | |
Erst jetzt, Monate später, lässt sich rekonstruieren, wie behäbig Behörden | |
auf den Keimalarm reagiert haben, wie spät die Signale die zentralen | |
Stellen erreichten. | |
Es sind auch nicht die Behörden und nicht die Ärzte, sondern Freunde und | |
Kollegen, die in Karin Schaders Fall die entscheidenden Fragen stellen. | |
Fragen, die dazu führen, dass heute feststeht, wo sich Schader wohl | |
infiziert hat: in dem Tagungshotel Jesteburg, während einer Expertenrunde | |
am 16. und 17. Mai. Zeitgleich mit Karin Schader erkranken drei weitere | |
Kolleginnen an Ehec. Alle waren eine knappe Woche zuvor in Jesteburg, alle | |
aßen etwas vom Salatbuffet. | |
Die Organisatoren der Tagung werden stutzig. Sie wenden sich an die | |
Gesundheitsbehörden. Und an das Tagungshotel. "Wir", sagt ein Sprecher des | |
Hotels, "haben daraufhin alle Mitarbeiter umgehend untersuchen lassen." Das | |
Ergebnis: Auch zwei Hotelmitarbeiterinnen sind erkrankt. Geschlossen, sagt | |
der Sprecher, hätten die Behörden das Hotel zu keinem Zeitpunkt. Auch habe | |
das zuständige Veterinäramt die medizinische Untersuchung des Personals | |
erst angeordnet, "als wir das schon längst veranlasst hatten". | |
Peter Schader bangt in diesen Tagen um das Leben seiner Frau. Ihr Zustand | |
wird immer schlechter. | |
Im Robert-Koch-Institut in Berlin versucht Reinhard Burger, der Chef, | |
unterdessen den Überblick zu behalten und aus allen Länderbehörden die | |
wichtigsten Informationen zu erhalten. Das deutsche Meldesystem ist | |
kompliziert. | |
Erst nach und nach finden die Mediziner heraus, wie Schaders epileptische | |
Anfälle mit der Ehec-Infektion zusammenhängen. Dann erst können sie nach | |
einem Gegenmittel suchen. (*Name geändert) | |
Wie diese Suche verlief, wie der Chef der obersten Seuchenbehörde, des | |
Robert-Koch-Instituts, von Neuigkeiten aus den Tagesthemen überrascht wurde | |
und wie verdächtigte Sprossen einen Biohof in Bienenbüttel ruinierten, | |
lesen Sie in der Ganzen Geschichte "Die Tage der Angst" in der | |
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8 Oct 2011 | |
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## AUTOREN | |
H. Haarhoff | |
J. Maurin | |
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zeigen. |