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# taz.de -- Nobelpreis in Medizin: Vielfältiges Immunsystem
> Der Medizin-Nobelpreis wird für die Beschreibung des menschlichen
> Immunsystems verliehen. Erstmals wird der Preis auch posthum vergeben.
Bild: Ralph Steinman von der Rockefeller University verstarb wenige Tage vor Ve…
BERLIN taz | Der vor einer Woche verstorbene Kanadier Ralph Steinman (68),
der Amerikaner Bruce Beutler (53) und der Franzose Jules Hofmann (70),
agierten bei der Erforschung der tierischen und menschlichen Immunabwehr
praktisch nach demselben Prinzip wie die von ihnen entdeckten Zellen und
Gene: getrennt marschieren, vereint schlagen! "Die Preisträger dieses
Jahres haben unser Verständnis des Immunsystems revolutioniert", hieß es in
der Begründung des Nobelpreiskomitees.
Was man wissen sollte, um ihre Leistung zu verstehen: Unsere Immunabwehr
funktioniert auf zwei Ebenen. Das "angeborene Immunsystem" besteht aus
Haut-, Fress- und Entzündungszellen sowie zahlreichen Rezeptoren. Es
erkennt Bakterien, Viren oder Pilze sofort und kann sie oftmals stoppen. Es
reagiert allerdings wenig differenziert und hat kein Gedächtnis.
Dazu kommt das sogenannte erworbene Immunsystem. Auf Angreifer, auch auf
deren Veränderungen, antwortet es mit maßgeschneiderten Antikörpern und
prägt sie sich langfristig ein. Seine nie ganz endgültige Gestalt nimmt es
nur langsam an. Das erworbene Immunsystem besteht unter anderem aus
Lymphozyten, aus B- und T-Zellen.
Der kanadische Immunologe Steinman hatte schon seinen lebenslangen
Arbeitsplatz an der Rockefeller University in New York City gefunden, als
er 1973 eine weitere Spielerin in diesem Team entdeckte: die dendritische
Zelle.
Ihr Umriss erinnert an einen Baum (griechisch: Dendron). Steinman beschrieb
sie als Schlüsselelement bei der Immunantwort. Denn dendritische Zellen
laden fremde Moleküle (Antigene) auf spezialisierte Proteinkomplexe und
machen sie so für die anderen Immunzellen als Ziel erst erkennbar.
Die zentrale Rolle dieser Zellen bei der Entwicklung von Impfstoffen und
bei möglichen Strategien zur Bekämpfung von Aids und Krebs verringerten in
der Folge das Interesse der Wissenschaftler am angeborenen Immunsystem.
Doch 1996 entdeckte Jules Hoffmann im fernen Europa als Direktor des
Instituts für molekulare und zelluläre Biologie auf dem Campus der
Universität Straßburg bei Versuchen mit Fruchtfliegen, dass über deren
Fähigkeit zur Immunabwehr ein bereits bekanntes Protein namens "Toll"
entschied. Innerhalb der angeborenen Immunabwehr gab es Startsignale, die
weitere Abwehrreaktionen erst auslösten, wahlweise angeborene oder
adaptive.
## Mäuse und Insekten
Völlig unabhängig davon entdeckte Bruce Beutler am Scripps Research
Institute im kalifornischen La Jolla ein fast identisches Protein (TLR =
Toll Like Rezeptor) bei Mäusen. Groß war die Überraschung darüber, dass
Insekten und Säugetiere über nahezu gleiche Abwehrstrategien verfügen.
Heute sind etwa ein Dutzend TLR beim Menschen bekannt.
Sie teilen Proteine in fremde und körpereigene ein. Ihre Erforschung ist
besonders wichtig für das Verständnis von Autoimmunkrankheiten, in denen
der Körper eigene Zellen angreift.
In neuesten Studien versuchen Forscher jetzt dendritische Zellen mit
Eiweißen von Krebszellen zu beschichten, um die Immunabwehr gegen Letztere
zu aktivieren. Auch der verstorbene Ralph Steinman soll dies im
Selbstversuch probiert haben.
Er lebte immerhin vier Jahre lang mit Bauchspeicheldrüsenkrebs, dessen
Tumore als sehr aggressiv gelten. Sollte dies geholfen haben, wäre es also
ein persönlicher Erfolg, wenn auch noch kein wissenschaftliches Resultat.
7 Oct 2011
## AUTOREN
Barbara Kerneck
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