# taz.de -- Lebensverhältnisse in Deutschland: Durchlässiger nach unten | |
> Der Datenreport 2011 zeigt: Geschlechterbilder sind immer noch | |
> traditionell. Soziale Herkunft spielt im Westen eine abnehmende, im Osten | |
> eine zunehmende Rolle. | |
Bild: Im Westdeutschland weiter verbreitet als im Osten: Der Glaube, Kinder wü… | |
BERLIN taz | Die jüngste Gesetzgebung sieht zwar vor, dass Frauen | |
selbstverantworlich ihr Geld verdienen sollen, die Einstellungen aber | |
hinken dieser Vorgabe hinterher: Immerhin noch 56 Prozent der Bevölkerung | |
im Westen Deutschlands (Osten: 24 Prozent) ist der Meinung, dass ein | |
Kleinkind "sicherlich" darunter leide, wenn seine Mutter berufstätig ist. | |
Dies ergibt sich aus dem "Datenreport 2011", den das Statistische Bundesamt | |
zusammen mit dem Wissenschaftszentrum WZB und anderen Institutionen am | |
Dienstag vorgelegt hat. | |
Der Datensammlung zufolge nehmen die traditionellen Rollenvorstellungen | |
zwar ab, sie unterscheiden sich aber immer noch deutlich zwischen Ost und | |
West. Im Jahre 1976 hatten im Westen noch 76 Prozent der Bevölkerung | |
(Osten: 58 Prozent) der Aussage zugestimmt, dass ein Kleinkind unter der | |
Berufstätigkeit der Mutter leide. | |
Im Datenreport finden sich auch Erhebungen zur sozialen Mobilität und da | |
zeigt sich ein differenziertes Bild. Die Langzeitbetrachtung von 1976 bis | |
2010 ergebe "für westdeutsche Männer einen klaren kontinuierlichen Trend | |
hin zu einem abnehmendem Einfluss der sozialen Herkunft auf die eigene | |
Klassenposition" heißt es in dem Report. | |
## Trend zu "mehr Abstiegen" | |
Die Verläufe sind aber je nach Schicht unterschiedlich: Von den ungelernten | |
Arbeitern im Westen "erbten" im vergangenen Jahrzehnt immerhin 30 Prozent | |
der Söhne die gleiche Position wie der Vater, in den 90er Jahren waren dies | |
nur 24 Prozent gewesen. Im Osten behielten im Jahrzehnt nach der Wende nur | |
18 Prozent der Söhne aus der Klasse der ungelernten Arbeiter- und | |
Angestellten die gleiche Position, dieser Beharrungseffekt war ein | |
Jahrzehnt später auf 29 Prozent angewachsen. Bei den Töchtern von Vätern | |
der untersten Gruppe schaffen sowohl im Westen als auch im Osten noch | |
weniger als die Männer den Aufstieg nach oben. | |
Bei den leitenden Angestellten, Freiberuflern und auch bei den | |
Facharbeitern und Meistern landet der Nachwuchs zunehmend in einer anderen | |
Schicht als die Vätergeneration- aber nicht unbedingt in einer höheren. Der | |
Datenreport stellt im Vergleich zu früher einen Trend zu "mehr Abstiegen" | |
fest. Bei den Töchtern aus der obersten Schicht ist allerdings der | |
"Beharrungseffekt" gestiegen, ihnen gelingt es also zunehmend, die Position | |
des Vaters auch für sich zu halten. | |
Im Osten spielt die Herkunft keine so große Rolle wie in den alten | |
Bundesländern, doch "es kommt zu einer Annäherung an das Westniveau", heißt | |
es im Report. Insgesamt ist in Deutschland im Zeitverlauf der Anteil der | |
Personen, die eine Erfahrung von Armut machten, gestiegen. Die Gesellschaft | |
wird also durchlässiger- aber eben auch nach unten. | |
11 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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