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# taz.de -- Treffen von Hitlers Elitesoldaten: Ewiggestrige Kameraden
> In Hannover treffen sich hoch dekorierte Wehrmachtssoldaten um das rechte
> Geschichtsbild zu pflegen. Ihr Anwalt rät: Presse nicht rein lassen.
Bild: Hitler verlieh das "Ritterkreuz des Eiserner Kreuzes" über 8.000 mal.
Sie waren die Elite. Am Wochenende richtet die "Ordensgemeinschaft der
Ritterkreuzträger e.V." (OdR) in Hannover-Laatzen ihre
Jahreshauptveranstaltung aus. Ab Donnerstagabend findet das Treffen der
hoch dekorierten Wehrmachtsoldaten mit dem von Adolf Hitler eingeführten
Orden in einem Tagungshotel statt. "Wir sind kein Verein von Altnazis und
Rechtsextremen", sagt Regine Halm, Medienverantwortliche der OdR.
Auf dem 57. Bundestreffen des gemeinnützigen Vereines in der
niedersächsischen Landeshauptstadt ist die Presse unerwünscht. "Sie können
sehr gerne kommen", sagte Halm der taz zunächst: "Das Treffen ist überhaupt
nicht politisch, da kommen bloß ein paar alte Kameraden zusammen, die sich
freuen, überlebt zu haben". Einen Tag später lässt sie erklären: "Unser
Anwalt hat davon abgeraten, Journalisten zu zulassen".
Seit 1955 besteht der Verein, der bundesweit Sektionen unterhält. Im
Zweiten Weltkrieg verlieh Adolf Hitler das "Ritterkreuz des Eiserner
Kreuzes" über 8.000 mal – an Wehrmachts- und Waffen-SS-Angehörige. Zum
Jahrestreffen im vergangen Jahr in Kirchheim waren an die 200 Gäste
gekommen. Nicht bloß alte Herren. Auch ohne die Auszeichnung kann man dem
OdR beitreten.
## "Nichts mit Politik zu tun"
Den Vorsitz des OdR hat Günter Halm inne. Der Mann hört am Telefon schwer,
weswegen seine Ehefrau Regine die Anrufe annimmt. "Mit Politik haben die
alten Herren nichts zu tun", sagt sie widerholt. Um das rechte
Geschichtsbewusstsein und wahre Erinnerungskultur sorgt sich der Verein
allerdings immer wieder. "Es ist zu Befürchten, dass auf dieser
Zusammenkunft die deutsche Kriegsschuld relativiert und die Legende von der
'sauberen Wehrmacht" hochgehalten werden soll", sagt Helge Limburg, Grüner
Landtagsabgeordneter. Keine Unterstellung.
Als Festredner schwärmt Günter Halm im Mitteilungsblatt der OdR konnte
Reinhard Uhle-Wettler, der ihnen noch "in guter Erinnerung" sei, gewonnen
werden. Sein Thema: "Armee im Fegefeuer". Der ehemalige Brigadegeneral
Uhle-Wettler referierte schon bei der "Gesellschaft für freie Publizistik",
die der Verfassungsschutz als "größte rechtsextreme Kulturvereinigung"
einstuft. Er publizierte auch eine Festschrift für den Holocaustleugner
David Irving und beklagt selbst die Geschichtsschreibung durch die
Siegermächte und das Fehlen einer "amtlichen Dokumentation über den
Massenmord an den Juden".
## Außerhalb des demokratischen Konsenses
Günter Halm lamentierte auf dem Vorjahrestreffen auch über die "Hassreden
auf die Vergangenheit". Im "Mitteilungsblatt" 2/2011 heißt es denn auch:
"die Deutschen werden bis heute zur 'Schuldverinnerlichung' täglich
'berieselt' (...) Die herrschende Klasse sichert ihr Macht durch die
'Politische Korrektheit'. Inquisitorisch führt sie den 'Kampf gegen
Rechts'". In Ausgabe 4/2010 heißt es gar: "Die schmähliche Behandlung der
ehemaligen Soldaten der Waffen-SS nach dem Krieg ist weder vom moralischen
noch vom juristischen Gesichtspunkt zu rechtfertigen".
Der Ausgabe lag gleich kostenlos "Der Freiwillige" bei – die Zeitschrift
der "Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Soldaten der ehemaligen
Waffen-SS" (HIAG). Im Mitteilungsblatt der OdR wird auch erklärt, "das
deutsche Wehrmachtsangehörige" an keinen "Kriegsverbrechen beteiligt
waren".
Die rüstigen "Ritterkreuzträger" bemühen sich nicht nur ihr
Geschichtsverständnis weiter zu verbreiten. Die Sektion
Hameln-Hildesheim-Holzminden lud für den 13. August zu einer "gemütlicher
Runde" ein, bei der sie ihre "Schießkünste erproben" wollten. "Die
Angriffskriege der deutschen Wehrmacht waren durch und durch
verbrecherisch", sagt Grünen-Politiker Limburg. Eine Gemeinschaft, die
Taten abfeiert, die in diesen Kriegen begangen worden sind und Orden aus
diesen Kriegen zur Schau stellt, stelle sich außerhalb des demokratischen
Konsenses.
13 Oct 2011
## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Veteranen
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