# taz.de -- Asylknast in Schönefeld: Herzlich Willkommen | |
> Der künftige Großflughafen Schönefeld soll ein Asylgefängnis bekommen. | |
> Flüchtlingsräte laufen Sturm, Innenbehörden verweisen auf Bundesrecht. | |
Bild: Demnächst auch mit Asylgewahrsam: Flughafen Schönefeld. | |
Der künftige Großflughafen Schönefeld soll ein Asylgewahrsam für | |
Flüchtlinge bekommen. Geplant sei eine Einrichtung für bis zu 30 Personen, | |
teilt das Brandenburgische Innenministerium auf eine Grünen-Anfrage mit. | |
Jährlich rechnet das Land mit bis zu 300 Flughafen-Asylverfahren in | |
Schönefeld. Flüchtlingsräte, die Grünen sowie der Republikanische | |
Anwälteverein fordern, auf das Gefängnis zu verzichten. Statt der | |
zweifelhaften Schnellverfahren müssten eintreffende Flüchtlinge ein | |
reguläres Asylverfahren erhalten. | |
Nach Bundesrecht sollen Flüchtlinge, die aus einem "sicheren | |
Herkunftsstaat" auf einem deutschen Flughafen einreisen, ihr Asylverfahren | |
noch vor Ort durchführen - sofern eine "Unterbringung" möglich ist. In den | |
verkürzten Verfahren entscheidet das Bundesamt für Migration innerhalb von | |
zwei Tagen über den Verbleib der Flüchtlinge. Gegen einen Negativbescheid | |
können diese nur innerhalb von drei Tagen klagen. "Wie soll in dieser | |
kurzen Zeit und unter Haftbedingungen ein faires Verfahren durchgeführt | |
werden?", schimpft Georg Classen vom Berliner Flüchtlingsrat. | |
Asylgefängnisse gibt es nur in Frankfurt/Main, Hamburg, München, Düsseldorf | |
und Schönefeld. Dort handelt es sich um ein altes Polizeigebäude auf dem | |
Vorfeld. Die Fallzahlen der Verfahren sind marginal, einzig in | |
Frankfurt/Main gibt es rund 300 Fälle jährlich. In Schönefeld gab es | |
zwischen 1999 und 2008 insgesamt nur 47 Fälle, wovon 38 in normalen | |
Verfahren weitergeführt wurden. | |
Die Berliner Innenverwaltung nahm keine Stellung und verwies auf die | |
Zuständigkeit Brandenburgs und des Bundesinnenministeriums. Die | |
Brandenburgische Ausländerbehörde als künftiger Betreiber der Haftanstalt | |
wies die Kritik zurück. "Wir würden uns an nichts beteiligen, was | |
rechtstaatlich zweifelhaft wäre", sagte Ingo Decker, Sprecher des | |
märkischen Innenministers Dietmar Woidke (SPD). Laut Antwort des | |
Ministeriums auf die Grünen-Anfrage wird es in der "Unterkunft" auch | |
"Freizeiträume, Kinderspielzimmer und einen Gebetsraum" geben sowie einen | |
Außenbereich mit "Kinderspielplatz und Sportgeräten". Rechtsanwälten, | |
Beratern, Angehörigen und Dolmetschern werde "grundsätzlich ungehindert | |
Zugang gewährt". Der Aufenthalt der Asylbewerber werde "in der Regel auf | |
wenige Tage beschränkt" sein. Die Einrichtung soll zeitgleich mit dem | |
Flughafen im Juni 2012 in Betrieb gehen. | |
Der Flüchtlingsrat bleibt bei seiner Kritik: "Auch mit Spielplätzen ist und | |
bleibt es ein Gefängnis", so Classen. Auch die Berliner Grünen fordern, auf | |
den Flughafengewahrsam zu verzichten. "Solch ein juristisch problematisches | |
Verfahren heute noch einzuführen, ist genau der falsche Ansatz", sagte die | |
flüchtlingspolitische Sprecherin Canan Bayram. Menschen in Not werde so | |
eine "gründliche und anständige Prüfung" ihres Asylverfahrens verwehrt. Aus | |
Berlin unter Rot-Schwarz sei wenig Widerstand gegen den Gefängnisbau zu | |
erwarten, fürchtet Bayram. Sie kündigt an: "Wir werden das aber nicht | |
einfach so hinzunehmen." | |
14 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
## TAGS | |
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) | |
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