# taz.de -- Vorlesungen starten: Eng bleibt es allemal | |
> Zum Wintersemester werde eine gewaltige Welle an Bewerbungen auf die Unis | |
> zurollen, hieß es. So schlimm kam es nicht - entspannt ist die Situation | |
> trotzdem nicht. | |
Bild: Den ganz großen Ansturm gibt es nicht in Berlin - doch die Unis haben au… | |
Der befürchtete Studierenden-Ansturm auf Berlins Universitäten zum Start | |
des Wintersemesters ist ausgeblieben. Zwar verzeichnen Humboldt-Universität | |
(HU) und Freie Universität (FU) einen Anstieg von Bewerber- und | |
Studienanfängerzahlen - so stark wie zuvor angenommen ist er jedoch längst | |
nicht. Der enorme Zuwachs war vor Beginn des neuen Studienjahres unter | |
anderem wegen der Aussetzung der Wehrpflicht sowie doppelten | |
Abiturjahrgängen in den Bundesländern Bayern und Niedersachsen befürchtet | |
worden. Während Hochschulvertreter daher gelassen bleiben, prangern | |
studentische Vertreter grundsätzliche Probleme an. | |
In der Kritik der Studierenden stehen vor allem die sich immer weiter | |
verschärfenden Zulassungsanforderungen: Die machten es in begehrten Fächern | |
wie Jura, Medizin oder Psychologie vielen AbiturientInnen unmöglich, ihr | |
Wunschfach zu studieren. Vertreter der Universitäten wiegeln zwar ab und | |
verweisen auf laufende Bewerbungsverfahren. Konkrete Zahlen, die eine | |
Verschärfung widerlegen würden, liefern sie jedoch nicht. | |
Immer mehr BewerberInnen versuchen daher, ihren Studienplatz gerichtlich | |
einzuklagen. Laut Ronny Matthes, studentischer Hochschulberater an der FU, | |
könnten die Klagen gegen die Universität zum beginnenden Wintersemester | |
Rekordniveau erreichen. Erst vor kurzem haben die drei | |
Studierendenvertretungen deshalb gemeinsam das Internetportal | |
[1][www.einklage.de] eingerichtet, um über entsprechende Möglichkeiten zu | |
informieren. | |
Derweil suchen die Universitäten Mittel gegen die von Jahr zu Jahr | |
steigenden Bewerber- und Studienanfängerzahlen. Beispielsweise wurden an | |
Freier und Technischer Universität (TU) neue Immatrikulationssysteme | |
eingerichtet. Das ändert allerdings nichts an dem Umstand , dass sich in | |
den letzten Jahren an allen drei Hochschulen deutlich mehr Abiturienten und | |
Abiturientinnen bewarben, als Plätze zur Verfügung standen. Zum jetzigen | |
Wintersemester bekamen an der FU und der HU nur knapp 15 Prozent der | |
BewerberInnen tatsächlich einen Studienplatz, an der TU sind es immerhin | |
fast 30 Prozent. Dabei sind einige Studienfächer wie Psychologie an der HU, | |
Wirtschaftsingenieurwesen an der TU oder Jura an der FU besonders beliebt. | |
Hier kommen regelmäßig tausende Bewerbungen auf wenige hundert | |
Studienplätze. | |
Als unproblematisch bewertet Goran Krstin, der Sprecher von FU-Präsident | |
Peter-André Alt, diese Zahlen. Vielmehr interpretiert er sie als Indiz für | |
die wachsende Attraktivität der Freien Universität sowie des Standorts | |
Berlin im Allgemeinen und bezeichnet die FU als auf "weiterhin steigende | |
Bewerberzahlen vorbereitet". Studierendenberater Matthes bemängelt | |
hingegen, die FU stocke gerade in den begehrten Fächern zu wenig bei den | |
Studienplätzen auf. An der TU wurden mit dem neuen Immatrikulationssystem | |
zumindest die sich sonst bis in den Winter hinziehenden Nachrückverfahren | |
schon in der zweiten Oktoberwoche beendet, so Sprecherin Stefanie Terp. | |
Dennoch ist die Organisation der Hochschulen gerade zu Semesterbeginn | |
häufig chaotisch. Einige Studierende haben immer noch keine Unterlagen von | |
der Universität erhalten, wie Sascha Watermann vom ReferentInnenrat, der | |
Studierendenvertretung an der HU, berichtet. Ohne diese Unterlagen ist es | |
aber weder möglich, sich online für Veranstaltungen anzumelden, noch das | |
bereits bezahlte Semesterticket zu nutzen - obwohl schon in der vergangenen | |
Woche die Erstsemesterveranstaltungen begonnen haben. Ljiljana Nikolic, | |
PR-Referentin der HU, erklärt diese Umstände mit krankheitsbedingten | |
Ausfällen. Auch an der TU läuft nicht alles rund: Laut Hannah Eberle, | |
bildungspolitische Vertreterin der Studierenden, haben einige BewerberInnen | |
immer noch keinen Ablehnungsbescheid erhalten. | |
Insgesamt hat sich also die Studiensituation an den Hochschulen im | |
Vergleich zum Vorjahr nicht unbedingt verschlechtert, nach Ansicht der | |
Studierendenschaft aber auch längst nicht genug verbessert. | |
HU-Studierendenvertreter Watermann meint dazu lakonisch: "Es wird wohl | |
genauso chaotisch wie im letzten Jahr." | |
16 Oct 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.einklage.de | |
## AUTOREN | |
Marlen Kess | |
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