# taz.de -- Schwedisches "PI" macht dicht: Hosen voll, Lust verloren | |
> Die schwedische Version des auch in Deutschland populären | |
> islamfeindlichen Blogs "Politically Incorrect" hört auf. Ist das Attentat | |
> in Norwegen ein Grund dafür? | |
Bild: Auf der norwegischen Insel Utøya erschoss Anders Behring Breivik 69 Mens… | |
STOCKHOLM taz | "Wir sind am Ende des Weges angekommen", nehmen die Macher | |
von "Politiskt Inkorrekt" (PI) Abschied von ihrem Publikum. Am 23. Oktober | |
werde der letzte aktuelle Beitrag auf [1][http://politisktinkorrekt.info/] | |
veröffentlicht, Ende Oktober werde die Seite dann ganz aus dem Internet | |
verschwinden. | |
Ein Schritt, der Anhänger wie Gegner überraschte. War diese | |
einwanderungsfeindliche und antiislamische Website doch in den drei Jahren | |
ihres Bestehens zum größten schwedischen Forum dieser Art aufgestiegen und | |
konnte sich bei Besucherzahlen zeitweise sogar mit den Internetauftritten | |
von Zeitungen wie dem Stockholmer Svenska Dagbladet - dem | |
drittauflagenstärksten Blatt des Landes - messen. Eine "Erfolgsgeschichte" | |
gewesen zu sein gesteht der Seite auch Daniel Poohl, Chefredakteur der | |
antirassistischen Zeitschrift Expo zu. | |
Die offizielle Begründung für das Aus: zu kurze Personaldecke. Mit dem Tod | |
des Gründers und Chefredakteurs vor einigen Monaten sei "die | |
Arbeitsbelastung unmenschlich" geworden. Doch schlechtere Qualität als | |
bislang wolle man nicht liefern, deshalb lasse man die Seite lieber sterben | |
und komme möglicherweise mit einem anderen Projekt zurück. | |
Eine Begründung, die prompt Spekulationen sprießen ließ, ob das wirklich | |
die ganze Wahrheit ist. In vielen Rechtsaußen-Blogs wird spekuliert, die | |
wahre Identität der Macher sei enthüllt worden - diese versteckten sich | |
hinter Pseudonymen, die Seite hat kein Impressum und keinen | |
verantwortlichen Herausgeber -, es habe Todesdrohungen aus der autonomen | |
Szene gegeben und die Verantwortlichen hätten deshalb "die Hosen voll". | |
## Die "nationale Sache verraten" | |
Ein Schaden sei das aber nicht, hätte PI doch schon lange die "nationale | |
Sache verraten". Es seien Tausende Debattenteilnehmer und Kommentatoren | |
"gebannt" worden, die nicht mit dem "rechten Mainstream" der Partei | |
"Schwedendemokraten" in Übereinstimmung zu bringen seien. | |
Letzteres glaubt man auch in antirassistischen Kreisen beobachtet zu haben. | |
PI wurde 2008 gegründet und schnell ein Referenzpunkt der | |
ausländerfeindlichen Netzdebatte. Man habe ein Weltbild vermittelt, in dem | |
die Schwedendemokraten als vermeintliche Retter aus allem Übel fungierten, | |
sagt Daniel Poohl. | |
Mit deren erstmaligem Einzug ins schwedische Parlament im Herbst 2010 hatte | |
diese Partei aber das Problem bekommen, einigermaßen stubenrein erscheinen | |
zu müssen und sich von allzu übler Islam- und Ausländerhetze abzugrenzen. | |
Die Terroranschläge des Anders Behring Breivik in Norwegen am 22. Juli | |
haben das Abgrenzungsproblem verschärft. "Was Islamophobie angeht, gibt es | |
im Norden ein deutliches Vor- und Nach-Breivik-Zeitalter", kommentiert die | |
Malmöer Tageszeitung Sydsvenska Dagbladet. Die Rechtsaußenparteien in | |
Skandinavien rutschten in Umfragen massiv nach unten, und Mitarbeiter | |
ausländerfeindlicher Foren und Blogs sahen sich mit dem Vorwurf | |
konfrontiert, Schreibtischtäter zu sein. | |
PI war keine Ausnahme. In der Begründung für die Schließung liest sich das | |
- natürlich ohne Breivik-Bezug - so: Viele der bisherigen aktiven | |
Mitarbeiter - und das seien sowieso nur sehr wenige gewesen - hätten | |
mittlerweile "die Lust und die richtige Glut verloren." | |
18 Oct 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://politisktinkorrekt.info/ | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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