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# taz.de -- Wahl zum Grünen-Fraktionsvorstand: Künast wird rehabilitiert
> Bei den Vorstandswahlen ging es auch um Renate Künasts persönliche
> Bilanz. Den Grünen schwant: Ihr Berlin-Desaster wirft ein neues Licht auf
> die Bundestagswahl.
Bild: Trotz des Berlin-Desasters eine Formsache: die Wiederwahl von Künast und…
BERLIN taz | Etwas Demut kann im Moment nicht schaden. Gefragt, welches
Ergebnis sie für sich bei den Neuwahlen des Grünen-Fraktionsvorstands
erwarte, antwortet Renate Künast: "Wie jeder, der sich zur Wahl stellt,
habe ich natürlich eine gewisse Hoffnung." Vorsichtiger kann man einen
Routinevorgang kaum anmoderieren, es lief nicht gut in letzter Zeit für
Künast.
Als sich die Abgeordneten der Grünen-Bundestagsfraktion am Dienstag trafen,
um eine Halbzeitbilanz der Legislaturperiode zu ziehen und ihre
Vorsitzenden, Künast und ihren Kollegen Jürgen Trittin, turnusmäßig neu zu
wählen, ging es auch um ihre ganz persönliche Bilanz: Ihr Name ist mit dem
Berlin-Desaster der Grünen verbunden, bei dem erst das Ergebnis weit hinter
den Erwartungen blieb und später die sicher geglaubte Regierungsbeteiligung
platzte, weil SPD-Mann Klaus Wowereit die Partei kühl wegen eines
Autobahnteilstücks abblitzen ließ.
Künast musste in der Fraktion nicht wirklich um eine Wiederwahl bangen, es
gab keine Gegenkandidatin. 52 von 66 Abgeordneten votierten für sie, das
ist nur eine Stimme weniger als bei der letzten Wahl im Oktober 2009. Ihr
Kollege Trittin kam auf 60 Stimmen (2009: 61).
Nach der Berlin-Schlappe kann man dieses Ergebnis nur als demonstrative
Bestätigung für die alte, neue Fraktionschefin lesen. Doch auch wenn sie
gestern demonstrativ cool auftrat - "Sie sehen uns in einer Position des
Selbstbewusstseins" -, sitzt der Schock tief in der Partei. Künast teilt im
Nachhinein offenbar die Analyse vieler Grüner, dass das lange Offenhalten
eines Bündnisses mit der CDU im Wahlkampf ein Fehler war.
"Zumachen" müsse die Partei diese Option bei den nächsten Wahlen, ließ sie
sich Ende September vom Spiegel zitieren. Ähnlich äußerte sich Trittin.
Daraufhin rebellierten die Landesverbände gegen die Einmischung von oben,
die Grünen widmeten sich mal wieder einem alten Lieblingsstreit. Wie hältst
du es mit Schwarz-Grün?
Klar ist: Bei dem linken Parteiflügel kam Künasts Eingeständnis gut an, er
rechnete bei der Abstimmung nicht mit der Reala ab. "Für eine Abstrafung
sehe ich keinen Grund", sagte ein linker Abgeordneter. "Es ist doch
bemerkenswert, wie Künast die Konsequenzen gezogen hat." Klar ist aber
auch: Überinterpretieren sollte man Künasts und Trittins
Schwarz-Grün-Ausschluss nicht.
Denn zumindest bei Künast klingt das alles schon wieder ganz anders. Die
CDU sei in der Opposition besser aufgehoben, Ziel sei 2013 ein Bündnis mit
der SPD, und zwar mit neuem Selbstbewusstsein - von der klaren Absage ist
Künast zur Standardantwort führender Grüner auf Machtvarianten
zurückgekehrt.
Doch auch Debatten mit wenig Gehalt sind aufschlussreich: Diese zeigte,
dass den Grünen schwant, dass die Berlin-Wahl - bei allen regionalen
Besonderheiten - ein neues Licht auf die Bundestagswahl wirft. Einerseits
kann das Beharren auf Eigenständigkeit Wähler abschrecken, weil sie den
Grünen ein Liebäugeln mit der CDU übel nehmen. Aber auch die klare
Rot-Grün-Strategie hat ihre Tücken: Der Boom der Piratenpartei kann
entscheidende Stimmen kosten, der Dissens mit der SPD über muffige
80er-Jahre-Projekte offenbar immer noch spielentscheidend sein.
18 Oct 2011
## AUTOREN
Ulrich Schulte
## TAGS
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
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