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# taz.de -- Trinken in Hannovers Bahnen bleibt legal: Alkoholverbot wirkt nicht
> In Hannovers Hauptbahnhof endet eine Alkohol-Verkaufsbeschränkung: Weder
> Straftaten noch der Konsum sind gesunken. Rufen nach einem Trinkverbot im
> Nahverkehr erteilt Betreiber Üstra eine Absage.
Bild: Bloß keine Exzesse: Plakat mit dem Hinweis auf das Alkoholverkaufsverbot…
HANNOVER taz | Seit der Alkohol in Hannovers Hauptbahnhof wieder fließt,
ist in Niedersachsens Landeshauptstadt eine Debatte über Trinkverbote
entbrannt. Nach einer Testphase hatten Stadt, Polizei und die Deutsche Bahn
AG (DB) jüngst ihre gemeinsame Präventionsaktion "Gib Alkohol keine Chance"
beendet.
Mit einer freiwilligen Selbstbeschränkung hatten sich die Einzelhändler im
Bahnhof ein Verkaufsverbot freitags und sonnabends zwischen 22 und sechs
Uhr für Alkohol zum Mitnehmen auferlegt - ein bundesweit einmaliges
Projekt.
Von Juli bis Ende September galt das Verkaufsverbot, mit mäßiger Bilanz:
Das "subjektive Sicherheitsempfinden" der Reisenden habe sich zwar nach
Angaben von Bahn und Polizei erhöht, erklärt Stadtsprecherin Konstanze
Kalmus. Bei den "objektiven Ergebnissen" aber habe es keine signifikante
Veränderung gegeben. Zudem seien die Umsätze der Händler im Bahnhof
zurückgegangen.
Zahlen zu Straftaten im Bahnhofsgebäude selbst hat die dort zuständige
Bundespolizei nicht, die Evaluation des Verkaufsverbots läuft noch. Am
Raschplatz am Hinterausgang des Bahnhofs, einer beton-grauen Ausgehmeile
mit Multiplex-Kino und Großraumdiskotheken, ist die Zahl der Straftaten
nach Angaben der Polizeidirektion Hannover allerdings sogar gestiegen: 129
sogenannte Rohheitsdelikte wie Körperverletzungen oder Bedrohungen wurden
dort während der dreimonatigen Testphase registriert. Im gleichen Zeitraum
des Vorjahres waren es nur 108 gewesen.
Auch weniger getrunken wurde nicht: Die "meist jugendlichen Konsumenten"
hätten die verkaufsfreien Zeiten einfach umgangen und Alkohol in
Schließfächern deponiert oder sie seien schlicht auf Geschäfte andernorts
ausgewichen, sagt Stadtsprecherin Kalmus.
An Verbots-Vorstößen hält man in Hannover indes auch nach dem Scheitern des
Verkaufsverbots fest: Oberbürgermeister Stephan Weil (SPD) und
Polizeipräsident Uwe Binias würden am liebsten den Alkoholkonsum auf dem
Raschplatz gänzlich untersagen. Das allerdings, so räumt Weil ein, "ist
unter den gegebenen rechtlichen Bedingungen auf öffentlichen Plätzen nicht
möglich". Die SPD-Stadtratsfraktion fordert ein absolutes Alkoholverbot in
Bussen und Bahnen nach dem Vorbild Hamburgs.
Auch Hannovers Finanz- und Ordnungsdezernent Marc Hansmann (SPD) bekundet
in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung "große Sympathie" dafür.
Stadtsprecherin Kalmus hingegen mag sich zu der Forderung nicht äußern:
"Das ist Sache der Betreiber."
Und die lehnen ein Alkoholverbot klar ab: "Aus unserer Sicht macht das
überhaupt keinen Sinn", sagt Katja Raddatz, Sprecherin des hannoverschen
Nahverkehrsunternehmens Üstra. "Wir haben nichts gegen den Bauarbeiter, der
in der Bahn friedlich sein Feierabendbier trinkt."
Ein Konsumproblem sieht sie vor allem außerhalb von Bussen und Bahnen: Zehn
Minuten verweile ein Fahrgast im Schnitt in den Fahrzeugen der Üstra, sagt
Raddatz. "Kein nüchterner Mensch schafft es, sich in dieser Zeit
zuzudröhnen." Sollten Volltrunkene in Bussen und Bahnen auffallen, mache
die Üstra ohnehin von ihrem Hausrecht Gebrauch und verweise sie der
Fahrzeuge, so Raddatz.
Ebenso macht es die Bahn im Hauptbahnhof. Schon seit Juni setzt sie ihre
Hausordnung, nach der in Bahnhofsgebäuden "übermäßiger Alkoholgenuss nicht
gestattet" ist, in Hannover konsequenter durch. Zusätzliches
Sicherheitspersonal sei dafür eingestellt worden, bis Jahresende wolle man
das Vorgehen testen, sagt DB-Sprecherin Sabine Brunkhorst.
Und auch sie gibt sich gegenüber generellen Verbotsrufen verhalten: "Uns
geht es vor allem um übermäßiges Trinken und feste Trinkertreffpunkte im
Bahnhof", sagt Brunkhorst. Gegen ein "Feierabendbier" habe auch die Bahn
nichts.
18 Oct 2011
## AUTOREN
Teresa Havlicek
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