# taz.de -- Kommentar Mindesthaltbarkeitsdatum: Die Industrieschutzministerin | |
> Es liegt ein konkreter Vorschlag zum MHD vor. Doch Ilse Aigner kneift. | |
> Wie so oft, wenn von ihr konkrete Schritte zum Verbraucherschutz | |
> gefordert werden. | |
Das ist ein typischer Aigner: Seit Monaten redet die | |
Verbaucherschutzministerin davon, dass wir nicht so viele Lebensmittel | |
wegschmeißen sollten, die noch essbar sind. Jetzt liegt ein konkreter | |
Vorschlag dazu vor: Der missverständliche Begriff | |
"Mindesthaltbarkeitsdatum" (MHD) soll so formuliert werden, dass weniger | |
Käufer denken, sie müssten das Lebensmittel nach diesem Termin wegwerfen - | |
obwohl es noch genießbar ist. | |
Und was tut Ilse Aigner? Sie kneift. Wie so oft, wenn von der | |
Verbaucherschutzministerin konkrete Schritte zum Verbraucherschutz | |
gefordert werden. | |
Dabei wäre es sehr sinnvoll, die MHD-Regeln zu reformieren. Wer weiß denn | |
schon, dass das Mindesthaltbarkeits- etwas anderes ist als das | |
Verbrauchsdatum? Nur Letzteres gibt nämlich laut Gesetz an, bis wann ein | |
Nahrungsmittel ohne Gefahr für die Gesundheit gegessen werden kann. Das MHD | |
garantiert dagegen auch, dass der Joghurt so aussieht wie in der Werbung | |
der Lebensmittelindustrie. | |
Wegen solch oberflächlicher Kriterien ist das MHD auch nicht die "große | |
verbraucherpolitische Errungenschaft", als die Aigner es nun verteidigt. | |
Und selbst wenn man das anders sieht: Was würde gegen eine klarere | |
Formulierung sprechen? Etwa: "Voller Genuss bis zum Tag x". Und dazu: | |
"Essbar bis zum Tag y". | |
Die Vorschriften zum MHD kämen von der Europäischen Union, begründet Aigner | |
ihre Ablehnung einer Reform. Mag sein, dass Deutschland tatsächlich wenig | |
Spielraum für Alleingänge hat. Aber die Bundesrepublik ist eines der | |
wichtigsten EU-Länder. Aigner könnte in Brüssel eine Reform anstoßen. Doch | |
daran hat die Ministerin gar kein Interesse. | |
Neue MHD-Regeln würden mehr Aufwand für die Lebensmittelproduzenten | |
bedeuten. Und deren Belange waren der Verbraucherschutzministerin ja schon | |
in früheren Diskussionen - etwa über die Kennzeichnung von Nährstoffen mit | |
Ampelfarben - wichtiger als die der Konsumenten. | |
19 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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