# taz.de -- Bundesligist Hamburger SV: Die Aura des Herrn Fink | |
> Wie verwandelt: So präsentiert sich der Hamburger SV vier Tage nach | |
> Dienstantritt des neuen Trainers. Wolfsburg entführt mit viel Glück | |
> dennoch einen Punkt. | |
Bild: Geht's mit ihm raus aus den Abstiegsrängen? HSV-Trainer Thorsten Fink. | |
HAMBURG taz | Wenn Felix Magath nach Hamburg kommt, hat er meist gerade | |
kürzlich beim Gäste-Club angeheuert und der HSV-Trainer hat auch frisch | |
angefangen oder steht kurz vor dem Rauswurf oder beides. Erhebliche Teile | |
der Hamburger Anhängerschaft pflegen sich dann zu fragen: Warum ist Magath | |
eigentlich nicht unser Trainer? Magath wird wie kaum ein anderer mit jener | |
Ära in Verbindung gebracht, die für HSV-Fans die "goldene" ist und die | |
gefühlt so viel länger her ist als die knapp 30 Jahre, die seitdem | |
vergangen sind. | |
Am Samstagabend dürfte kaum ein Hamburger solche Gedanken gehabt haben. Das | |
lag einerseits am Spiel von Magaths VfL Wolfsburg. So blutleer und ideenlos | |
war der Auftritt, so mechanisch rannten die Spieler auf und ab, als treibe | |
sie nichts anderes an als die Angst vor dem Straflauf im nächsten Training. | |
Einen Trainer, der eine Mannschaft voller offensiv begabter Stars auf | |
derart biederen Disziplinfußball verpflichtet, den kann sich nicht | |
herbeiwünschen, wer den Fußball auch nur ein wenig mag. | |
Mit der Führung im Rücken stellte Wolfsburg auf der Stelle das | |
Fußballspielen ein. Das war 68 Sekunden nach dem Anpfiff, als eine Flanke | |
von Patrick Ochs genau zwischen die Hamburger Innenverteidiger und auf den | |
Kopf von Mario Mandzukic getropft war und der daraus machte, was er zurzeit | |
immer macht: ein Tor. | |
Der andere Faktor, der die Magath-Nostalgie für diesmal in Grenzen hielt, | |
heißt Thorsten Fink. Der neue HSV-Trainer ist schon äußerlich das Gegenteil | |
des Trainertypus Magath. Während der 90 Minuten ungerührt und meist mit | |
verschränkten Armen auf seiner Bank saß, hätte Fink eigentlich keine | |
gebraucht: Er reizte die Grenzen seiner Coaching-Zone permanent aus, rief | |
ins Spiel hinein, trieb sein Team an. | |
## Küsschen für den Sportchef | |
Nach vier Tagen im Amt hat er es geschafft, dass der HSV beherzt nach vorn | |
spielte, über 70 Minuten Vollgas gab. Die von Fink neu formierte | |
Doppel-Sechs aus Gojko Kacar und Tomás Rincón hielt das Spiel zusammen. | |
Über die Außen hebelte der HSV ein ums andere Mal den Wolfsburger | |
Doppelriegel aus. Und aus dem filigranen Zusammenspiel von Mladen Petrić | |
und Paolo Guerrero hätte viel mehr herausspringen müssen als nur Petrić' | |
Ausgleichstreffer zum 1:1 nach 56 Minuten, hätte nicht der wieder einmal | |
großartig aufgelegte Diego Benaglio im Wolfsburger Tor Schüsse am Fließband | |
pariert. | |
Fink freute sich über einen Punkt zum Dienstantritt dennoch gänzlich | |
unhanseatisch-überschwänglich: Dem verdutzten Sportchef Frank Arnesen | |
drückte er ein Küsschen auf die Wange. "Ich habe mich gefreut", sagte er | |
hinterher. "Sehr, sehr zufrieden" sei er mit der Leistung seiner neuen | |
Mannschaft, die "hervorragend" gespielt und in beeindruckender Weise den | |
frühen Rückstand weggesteckt habe. | |
Fink verwies auf die Spielstatistik: "Wie viel Ballbesitz war das? Wie | |
viele Torschüsse?", fragte er mit fast triumphierender Stimme. Als man ihm | |
einen Zettel mit den Zahlen zustecken wollte, schob er ihn beiseite. Das | |
waren rhetorische Fragen. Jeder hatte doch gesehen, wie drückend überlegen | |
seine Mannschaft gewesen war. Dennoch: "Ich muss aufpassen, was ich sage", | |
relativierte er. "Wenn ich sage, ich bin zufrieden, heißt es, ich bin | |
zufrieden mit dem letzten Platz." | |
Darauf hingewiesen, dass der HSV durch den Punkt auf den vorletzten | |
Tabellenplatz geklettert war, meinte er: "Da hab ich mich ja schon | |
verbessert", und fügte hinzu: "Das ist die Aura." Gegen die Hysterie, die | |
in Hamburg um den "Heilsbringer" Fink schon vor seinem ersten Liga-Punkt | |
ausgebrochen war, hilft manchmal nur Ironie. | |
23 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Jan Kahlcke | |
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