# taz.de -- Blackmetal mit linken Idealen: Keifende Umweltschützer | |
> Satanisches von der Selbstversorgerfarm: Die US-Blackmetal-Band Wolves in | |
> the Throne Room verabschiedet sich mit einem naturverbundenen Album. | |
Bild: Auch Baumfreunde können ganz schön böse klingen: Wolves In the Throne … | |
Mit Anfeindungen kennen sie sich aus: das US-Quartett Wolves in the Throne | |
Room. "Nazi-Metaller" schimpfte man sie, "Aussteiger-Waldschrate" oder | |
"Öko-Terroristen". Die Blackmetal-Band durchlebte das, was passiert, wenn | |
man Erfolg mit Musik hat, die besser im Untergrund hätte bleiben sollen - | |
zumindest nach Ansicht ihrer Fans. | |
Vielleicht sagte Gitarrist Nathan Weaver deshalb mal in einem Interview: | |
"Ich halte Metalmusik für die geistige Ejakulation von bekifften | |
Schwachköpfen." Was nicht gerade zur Beliebtheit von Wolves in the Throne | |
Room beitrug. | |
Dafür erhielten sie Zuspruch von ganz anderer Seite - Indie-Hörern, die | |
völlig berauscht waren von dieser Blackmetal-Band mit linken Idealen. WITR | |
leben und arbeiten schließlich auf einer Selbstversorgerfarm im Nordwesten | |
der USA und setzen sich aktiv für Naturschutz ein. | |
So wie "Kind of Blue" von Miles Davis einstmals das Jazz-Album in vielen | |
Plattensammlungen war, ist das WITR-Album "Two Hunters" sein | |
Blackmetal-Pendant. Ein atmosphärisches Meisterwerk, mit | |
Doublebass-Attacken und archaischem Gesangsgekeife. | |
Nun ist ihr viertes Album "Celestial Lineage" erschienen, das den Abschluss | |
der vor vier Jahren mit "Two Hunters" begonnenen Trilogie bildet. Die Band | |
beendet damit die Arbeit an ihrem Soundtrack "für eine verborgene Welt | |
hinter dem Schleier", wie Wolves in the Throne Room ihre Suche nach | |
Spiritualität in den Bergen und Wäldern bezeichnen. | |
Romantische Mystik und Transzendentalismus sind die beherrschenden Themen | |
der Songtexte. Synthesizerflächen, Feldaufnahmen und die ätherische Stimme | |
von Jessica Kinney, die bereits auf "Two Hunters" sang, stoßen durch die | |
gewaltigen Soundwände der drei Blackmetal-Songs, die auf "Celestial | |
Lineage" zu hören sind. | |
## Maschinengewehrartige Drumsalven | |
Nicht selten ergeben sich dadurch majestätische Kontraste zum rohen | |
Geschrei von Nathan Weaver und den maschinengewehrartigen Drumsalven seines | |
Bruders Aaron. Wolves in the Throne Room gleichen somit eher einer | |
Klangcollage als einer Metal-Band. | |
Trotzdem spielt die Band weiterhin Blackmetal, den in seinen besten | |
Momenten etwas Zeremonielles umgibt. Die Gitarrenriffs sind repetitiv und | |
hypnotisch. Doch ihr Sound vermittelt kein Gefühl von Kälte und Kargheit, | |
wie auf skandinavischen Blackmetal-Alben üblich, sondern erinnert an die | |
Weite und Schönheit der Natur. "Celestial Lineage" wirkt wie ein Aufbruch, | |
nicht wie ein Untergang. | |
Natürlich singen Wolves in the Throne Room auch nicht von Drachen oder | |
Elfen, vielmehr versuchen sie auch in den Texten, die Erhabenheit der | |
wilden Natur einzufangen und in den Kontext der Blackmetal-Klangphilosophie | |
zu stellen. Auf dem neuen Album wirken die in den Blackmetal-Kosmos | |
verwebten Versatzstücke aus Drone, Post-Rock und Folk stellenweise zu | |
unorganisch. | |
Auch fehlt die alte Entschlossenheit. So gibt es nun zum ersten Mal in der | |
Geschichte von Wolves in the Throne Room kürzere Songs und sogar | |
Zwischenspiele. Doch dadurch nimmt sich das Album manchmal selbst die Ruhe | |
und den Platz, den es bräuchte, um seine volle Kraft zu entfalten. | |
Trotzdem sollte man sich die Band ansehen, wenn sie im November auf | |
Deutschland-Tour kommt. Denn Wolves in the Throne Room wird es danach nicht | |
mehr geben. Nathan und Aaron Weaver wollen von nun an wieder mehr Zeit auf | |
"Calliope" verbringen, ihrer Farm in der Nähe der Kleinstadt Olympia. Zwar | |
will man weiter Musik machen - dann aber unter anderem Namen. So viel ist | |
sicher: ohne Blackmetal. | |
## Wolves in the Throne Room, "Celestial Lineage" (Southern Lord/Rough | |
Trade). Live: 3. 11. Köln, 4. 11. Hamburg, 13. 11. Berlin, 15. 11. Nürnberg | |
31 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Robert Iwanetz | |
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