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# taz.de -- Immer mehr Tiere in deutschen Laboren: Fast drei Millionen Versuchs…
> In Deutschland ist die Zahl der Versuchstiere stark gestiegen. 2010 waren
> es fast drei Millionen. Viele halten diese Versuche für überflüssig.
Bild: Schlappohr muss herhalten: Tests zu Wirkung und Nebenwirkung.
BERLIN taz | Die Zahl der Tierversuche in Deutschland ist auf den höchsten
Stand seit zehn Jahren gestiegen. 2,86 Millionen Versuchstiere wurden 2010
in Deutschland verwendet, wie das Bundesagrarministerium mitteilte. Damit
ist die Zahl der für die Forschung und Lehre benutzten Wirbeltiere seit dem
Jahr 2000 um mehr als eine Million - also 56 Prozent - gestiegen. Abgesehen
von 2004 wuchs die Versuchstierzahl von Jahr zu Jahr.
Die Statistik des Ministeriums zählt alle Wirbeltiere - also auch Fische
und Vögel -, die für Versuche oder andere wissenschaftliche Zwecke
verwendet wurden. Sie unterscheidet nicht, ob die Tiere getötet wurden oder
überlebten.
In den neunziger Jahren waren die Versuchstierzahlen noch kontinuierlich
nach unten gegangen, aber mit dem Ausbau der gentechnischen Forschung stieg
auch die Zahl der verwendeten Tiere wieder. Hier gibt es allerdings auch
eine große Dunkelziffer an getöteten Tieren, die gar nicht von der
Statistik erfasst werden. Weisen sie nämlich bei der Zucht nicht die
gewünschten Gendefekte auf, die man für die Forschung benötigt, werden die
Tiere getötet, ohne in die Versuchstierzahlen einzugehen.
## Mäuse für die Genforschung
Die mit Abstand am häufigsten für Tierversuche verwendete Art sind Mäuse.
2010 wurden alleine von ihnen 1,96 Millionen Exemplare benutzt. Vor allem
ihre Zahl ist in den vergangenen Jahren gewachsen, da Mäuse insbesondere
für die stark expandierende Genforschung wichtig sind.
Genforscher züchten nicht nur Tiere mit Erbkrankheiten, die auch beim
Menschen entstehen können. Vielmehr züchten die Wissenschaftler häufig auch
Tiere mit Symptomen, die denen menschlicher Krankheiten lediglich ähneln.
Kritiker bemängeln, dass so erlangte Forschungsergebnisse nur schwer auf
den Menschen übertragbar seien.
"Diese Zahlen sind ein Armutszeugnis für die Politik", sagt Roman Kolar,
stellvertretender Leiter der Akademie für Tierschutz des Tierschutzbunds.
Von Seiten der Regierung habe es immer wieder klare Aussagen und
Zielvorgaben gegeben, Tierversuche zu vermeiden. Allerdings sei weiter
nichts geschehen.
## Contagan ohne Nebenwirkungen im Tierversuch
Silke Bitz vom Verein Ärzte gegen Tierversuche sagt klipp und klar: "Einen
Nutzen aus Tierversuchen gibt es nicht, im Gegenteil, sie sind nicht nur
grausam, sondern für den Menschen gefährlich." Ein Beispiel ist dem Verein
zufolge das Schlafmittel Contergan: Die Tierversuche mit dem Medikament
hätten keine Hinweise darauf erbracht, dass es Embryonen schädigt.
Daraufhin sei es zugelassen worden - und verursachte bei zahlreichen
Menschen Missbildungen.
Eine Sprecherin des Agrarministeriums teilt dagegen mit: "Nach dem
derzeitigen Stand der Wissenschaft kann auf Tierversuche trotz des
vermehrten Einsatzes von Alternativmethoden noch nicht verzichtet werden."
Tierversuche würden nur genehmigt, wenn es ethisch vertretbar sei.
"Tierversuche zur Entwicklung von Waffen, Munition, Tabakerzeugnissen,
Waschmitteln und Kosmetika sind in Deutschland verboten." Zudem müssten die
Antragsteller darlegen, dass der Zweck des Experiments nicht durch andere
Verfahren erreicht werden könne.
4 Nov 2011
## AUTOREN
Sebastian Fischer
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