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# taz.de -- Montenegro in den EM-Playoffs: Konvois aus den schwarzen Bergen
> Historische Chance: Europas jüngster Fußballverband steht bei seiner
> ersten EM-Qualifikation sensationell in den Playoffs. Der Star des Teams
> spielt bei Juventus Turin.
Bild: Historischer Auftritt, Teil I:Nach dem 2:2 gegen England im Oktober feier…
Bei drei der vier Playoffduelle zur Fußball-Europameisterschaft, die am
Freitagabend stattfinden, sind Teams aus dem ehemaligen Jugoslawien dabei.
Neben Kroatien und Bosnien war allerdings der zweite Gruppenplatz
Montenegros die größte Sensation bei der Vorausscheidung für die EM 2012.
In einer der schwierigeren Gruppen, mit England und der Schweiz als
Gegnern, sorgten die Erfolge der "Mutigen Falken" dafür, dass die Trainer
von Wales und Bulgarien zurücktraten und die Engländer zwischenzeitlich um
den sicher geglaubten Platz 1 der Gruppe und damit den direkten Einzug in
die Europameisterschaft bangen mussten. Beide Begegnungen zwischen den
Falken und den Löwen waren Unentschieden ausgegangen (0:0, 2:2).
Dabei hatten auch die Montenegriner zwischendrin ein Trainerproblem. Der
Kroate Zlatko Kranjcar wurde kurz vor Ende der Qualifikation im September
entlassen und durch Branko Brnovic ersetzt. Gerüchteweise soll Kranjcar
mehr Geld gefordert und mit einem Wechsel nach Kroatien kokettiert haben.
Die 2:1-Niederlage gegen Wales dürfte aber ebenfalls ein Grund gewesen
sein.
Wenn Freitagabend das Playoff-Spiel gegen Tschechien in Prag angepfiffen
wird, werden nicht nur 3.000 montenegrinische Fans, die in Auto- und
Buskonvois vom Balkan angereisen, alles geben, um ihre Mannschaft
anzufeuern. Ganz Montenegro wird das Spiel vor TV- und PC-Bildschirmen
verfolgen. Keine Tageszeitung und wahrscheinlich kaum ein Kneipengespräch
in Montenegro kam in dieser Woche ohne das Topthema aus: der "historische
Auftritt".
Das Spiel gegen Tschechien in Prag ist ausverkauft, das Rückspiel in
Montenegros Hauptstadt Podgorica sowieso. Laut Pressesprecher des
montenegrinischen Verbands hätten gar doppelt so viele Karten verkauft
werden können, doch das größte Stadion des Landes, Pod Goricom, hat gerade
mal 12.000 Plätze.
## Kleiner als Schleswig-Holstein
Das Land mit dem poetischsten Namen unter den europäischen Staaten, "Crna
Gora", Schwarze Berge, ist kleiner als Schleswig-Holstein, hat aber mit
660.000 Staatsbürgern noch weniger Einwohner als das Bundesland. Montenegro
ist Europas jüngstes Nationalteam. Nach der Loslösung von Serbien wurde es
2007 in den europäischen Fußballverband Uefa aufgenommen.
Dabei stammen aus Montenegro einige weltbekannte Spieler, wie Predrag
Mijatovic, einer der weltbesten Stürmer, der 1998 Real Madrid zum ersten
Sieg der Champions League schoss. Oder Dejan Savicevic, genannt "Il Genio",
das Genie, der 1992 den AC Milan gegen Barcelona mit einem 4:0 zum
Champions-League-Sieger machte und 1991 den Europapokal der Landesmeister
und den Weltpokal mit Partizan Belgrad holte und heute Vorsitzender des
montenegrinischen Fußballverbands ist.
Auch einige der derzeitigen Nationalspieler haben sich schon lange vor dem
jetzigen Erfolg ihres Teams europaweit einen Namen gemacht.
Schlüsselspieler und zentrale Figur auf dem Platz ist der 28-jährige, 1,86
Meter große Mirko Vucinic, Kapitän der Überraschungsmannschaft und Schütze
des ersten Treffers Montenegros überhaupt: beim 2:1-Erfolg gegen Ungarn
2007. Der mehrfache Spieler der Jahres in Montenegro spielte ab 2006 beim
AS Rom und stürmt seit September bei Juventus Turin.
"Das ist eine besondere Gelegenheit – für uns heißt es jetzt oder nie. Wir
müssen für diese beiden Spiele so bereit sein, als wären es die letzten
unserer Karriere", sagte Vucinic im Hinblick auf die Playoffs gegen
Tschechien. Er mag es jedoch nicht, wenn er als Star der Mannschaft
bezeichnet wird: "Wir haben diese Phase erreicht, weil wir als Mannschaft
auftreten, nicht als Einzelpersonen."
## Bestens vorbereitet
Vucinic ist auf den Gegner Tschechien bestens vorbereitet. Im Vorstand
seines Turiner Clubs sitzt der ehemalige tschechische Nationalspieler Pavel
Nedved. "Nedved sagte mir, dass es einen Unterschied gebe zwischen seiner
Generation und dieser Mannschaft", sagt Vucinic. "Natürlich heißt das
nicht, dass wir einen leichten Job haben. Aber wenn wir unser volles
Potenzial abrufen, haben wir jede Chance auf einen historischen Erfolg."
Der zweite Angreifer der Montenegriner, Stevan Jovetic, ist seit 2008
Stürmer beim AC Florenz und wird derzeit heftig vom englischen Top-Club
Arsenal umworben. Elsad Zverotic vom Schweizer Club BSC Young Boys, ist
eigentlich rechter Verteidiger. Neben Vucinic führt er aber derzeit die
Tabelle als Topscorer der Nationalmannschaft an. Trotzdem ist Zverotic vor
allem eins, der Arbeiter im Team, der dem Rest den Rücken frei hält. Sein
Motto: "Für uns ist nicht maßgebend, wann wir ins Bett gehen, sondern ob
wir auf dem Platz bereit sind."
Sollten die Montengriner am Freitag gewinnen, werden sie wohl kaum früh ins
Bett gehen. Stürmer Jovetic, der nach eigenem Bekunden noch nie in seinem
Leben einen Schluck Alkohol getrunken hat, kündigte schon mal an, dass für
diesen Fall sämtliches in Prag verfügbares Staropramen auf Ex ausgetrunken
werde.
11 Nov 2011
## AUTOREN
Doris Akrap
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