# taz.de -- Protest gegen NPD: Neuruppin bleibt bunt | |
> NPD darf Bundesparteitag in Neuruppin abhalten. In der Stadt ist man nach | |
> einem rabiaten Polizeieinsatz im September verunsichert. | |
Bild: Neuruppiner Protest im September - vor der Räumung. | |
Die NPD kommt am Wochenende wohl nach Neuruppin und stellt die Stadt vor | |
eine doppelt heikle Probe. Nicht nur will die rechtsextreme Partei für | |
ihren Bundesparteitag nach eigenen Angaben mit mehr als 400 Delegierten und | |
Gästen anrücken. Sensibel ist auch die Frage des Gegenprotests. Denn in | |
Neuruppin schwelt noch immer die Diskussion über einen harschen | |
Polizeieinsatz gegen Neonazi-Gegner Ende September. | |
Am Mittwochabend hatte das Verwaltungsgericht Potsdam die Stadt | |
verpflichtet, der NPD das Kulturhaus Stadtgarten zu überlassen. Neuruppin | |
hatte dies abgelehnt, da es dafür kein Personal gebe. "Auch anderen | |
Veranstaltern hätten wir eine Absage erteilt", so Stadtsprecherin Michaela | |
Ott. Dem Gericht genügte aber, dass der Saal nicht anderweitig vergeben | |
ist. Neuruppin will dagegen Beschwerde vorm Oberverwaltungsgericht | |
Berlin-Brandenburg einlegen. | |
Sehr aussichtsreich erscheint das nicht. "Wir planen fest mit Neuruppin", | |
sagte ein NPD-Sprecher. Die Alternativen, Offenburg (Baden-Württemberg) und | |
Wattenscheid (Nordrhein-Westfalen), seien keine Option mehr. Die Partei | |
sucht seit Monaten einen Ort, kassierte 84 Absagen. Auf dem Parteitag soll | |
entschieden werden, wer neuer NPD-Vorsitzender wird: Amtsinhaber Udo Voigt | |
oder Sachsens NPD-Chef Holger Apfel. | |
Das Bündnis "Neuruppin bleibt bunt" meldete schon am Dienstag eine | |
Mahnwache vorm Kulturhaus an - mit gemischten Gefühlen. Ende September | |
hatte die Polizei eine Sitzblockade gegen einen Neonazi-Aufmarsch rabiat | |
geräumt. Teilnehmer wurden stundenlang festgehalten, Vermittlungsgespräche | |
mit der Polizei schlugen fehl. Die Verunsicherung sei noch spürbar, sagt | |
Bündnismitglied Wolfgang Freese (Grüne). "Einige sagen, der Gefahr setze | |
ich mich nicht noch mal aus. Andere, dass sie jetzt erst recht kommen." | |
Die Diskussion über die Polizeiaktion erfasste auch die rot-rote | |
Landesregierung. Die Linke entschuldigte sich für den Einsatz, | |
SPD-Innenminister Dietmar Woidke verteidigte die Beamten. In den letzten | |
Jahren waren in Brandenburg wiederholt Blockaden gegen Neonazis | |
erfolgreich: Seit 2005 mehrmals in Halbe, 2010 in Strausberg und Bernau, im | |
Februar in Cottbus. Vielen Protesten schlossen sich auch Landespolitiker | |
an, die Blockade in Halbe 2005 nannte selbst der damalige CDU-Innenminister | |
Jörg Schönbohm "ein wichtiges Signal". Auch in Neuruppin wurde so im Juli | |
ein Neonazi-Aufmarsch verhindert. | |
"Der Polizeieinsatz im September war ein Wendepunkt, eine staatliche | |
Machtdemonstration", sagt Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Er gehe aber | |
davon aus, dass die Polizei etwas aus den darauf folgenden Diskussionen | |
gelernt habe. Auch Vogel konstatiert Verunsicherung unter den Neuruppinern. | |
"In ihrem Engagement werden sie sich aber nicht unterkriegen lassen." | |
Stadtsprecherin Ott bekundet, dass der Samstag "natürlich eine sensible | |
Angelegenheit wird, sollte die NPD kommen". Friedlicher Protest sei aber | |
immer angebracht. | |
Innenminister Woidke warnte Ende Oktober die Blockaden gegen Neonazis | |
fortzusetzen. Stattdessen sei mehr "Fantasie und Vielfalt bei legalen | |
politischen Aktionsformen" gefragt. Die Neuruppiner wundern sich. "Der | |
Protest war gewaltfrei, kreativ, jung und alt", so eine Teilnehmerin. Auch | |
diesmal werde man hörbar protestieren, kündigt Freese an. Blockaden seien | |
beim Bündnistreffen kein Thema gewesen. | |
10 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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