| # taz.de -- Verunsicherte Finanzmärkte: Hoffen auf die Zentralbank | |
| > Die EZB kauft italienische Staatsanleihen und beruhigt so die Märkte. | |
| > Italien platziert neue Anleihen zu unerwartet günstigem Zinssatz. Aber | |
| > der ist auf Dauer nicht tragbar. | |
| Bild: Da muss er hin, der Kurs. | |
| BERLIN taz | Auf den Finanzmärkten hielt am Donnerstag die Hoffnung Einzug: | |
| Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte als Retter in höchster Not | |
| auftreten. Offenbar kauft sie bereits italienische Staatsanleihen auf, um | |
| so deren Kurs zu stützen. Unter Händlern kursierten überdies Gerüchte, die | |
| Zentralbanker könnten zu einer Krisensitzung zusammentreten und ein | |
| umfangreiches Programm für Stützungskäufe beschließen. | |
| Der Deutsche Aktienindex DAX jedenfalls zog nach massiven Verlusten am | |
| Mittwoch am Donnerstag wieder überraschend kräftig an. Und Italien konnte | |
| Donnerstag neue Anleihen zu günstigeren Konditionen verkaufen als | |
| befürchtet. Anleger verlangten für die Schuldscheine mit einjähriger | |
| Laufzeit nur 6,087 Prozent Zinsen. Das ist zwar viel mehr als die 3,57 | |
| Prozent, die noch im Oktober fällig wurden, aber immerhin fast ein | |
| Prozentpunkt weniger als von Analysten erwartet. Daraufhin fiel der | |
| Zinssatz auch für die viel beachteten zehnjährigen Staatsanleihen wieder | |
| unter die kritische Marke von sieben Prozent. | |
| Klar ist, dass Italien mit Zinsen über sieben Prozent nicht lange | |
| überlebensfähig wäre. Griechenland und Portugal hatten sich ein paar | |
| Wochen, nachdem die Zinsen für ihre Staatsanleihen diese Marke | |
| überschritten, unter den Rettungsschirm geflüchtet. Doch auch sechs Prozent | |
| Zinsen kann der italienische Staat nicht auf Dauer stemmen. Der | |
| Rettungsschirm aber ist zu klein für die drittgrößte Ökonomie der | |
| Währungsunion mit insgesamt 1,9 Billionen Euro Schulden. Allein im nächsten | |
| Jahr muss das Land 380 Milliarden Euro auslaufende Staatsanleihen durch | |
| neue ersetzen. | |
| Derzeit gibt es nur eine Instanz, die für so etwas noch genügend Geld hat, | |
| weil sie es nämlich notfalls selbst drucken kann: die Europäische | |
| Zentralbank (EZB). Schon 183 Milliarden Euro hat sie in der derzeitigen | |
| Krise für Anleihenkäufe ausgegeben. Die europäischen Verträge sehen es | |
| allerdings nicht vor, dass die EZB Krisenländern mit unbegrenzten Mitteln | |
| zur Seite springt. | |
| Der New Yorker Wirtschaftsprofessor Nouriel Roubini warnte jedoch in der | |
| Financial Times: "Nur wenn die EZB zum Kreditgeber letzter Instanz wird, | |
| können wir vielleicht die bevorstehende Katastrophe noch abwenden." Ergänzt | |
| werden müsste dies durch eine Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar und | |
| ein kräftiges Konjunkturankurbelungsprogramm in Deutschland parallel zu den | |
| Sparprogrammen in den Krisenländern. Die Katastrophe, die andernfalls über | |
| Europa hereinbräche, wäre die Zahlungsunfähigkeit Italiens, der Austritt | |
| des Landes aus der Eurozone und der darauf zwingend folgende Zusammenbruch | |
| der Europäischen Währungsunion. | |
| 10 Nov 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Nicola Liebert | |
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