# taz.de -- Slow Food: Regionales Kochlabor | |
> Das Piemont feiert seine größte Erfindung seit Mon Chéri. Dass der erste | |
> Klub der langsamen Genießer zwischen Alba und Saluzzo gegründet wurde, | |
> ist bestimmt kein Zufall. | |
Bild: In den regionalen Slow-Food-Gruppen treffen sich Verbraucher, Landwirte, … | |
Edle Tropfen werden im Café Baladin gern gekostet. Einer der Dauerbrenner | |
des Lokals in der Altstadt von Saluzzo heißt Wayan. "Er ist von goldener | |
Farbe und passt zu Gerichten mit weißem Fleisch", erklärt Lokalchef Teo | |
Musso. Das klingt nach einem der berühmten piemontesischen Weine, ist aber | |
nicht so. Bei Musso dreht sich alles um Hopfen und Malz. Der Mann sieht | |
zwar aus wie ein zauseliger Rockbassist, aber auch hier trügt der Schein. | |
Musso braut Bier nach alter Tradition. | |
Er verwendet keine Konservierungsstoffe und seine besten Tropfen reifen | |
langsam in Eichenfässern. Denn hier im Herzen des Piemont ist alles slow - | |
auch das Bier. Zwischen den nie endenden Weinfeldern und Kuhweiden der | |
Langhe hat Carlo Petrini vor 25 Jahren die Slow-Food-Bewegung erfunden. Die | |
Provinz von Cuneo, vor allem aber Petrinis Heimatstadt Bra feiern dieses | |
Jubiläum mit Festen. | |
Eines der Highlights war das Käsefestival im September. Auch Musso war | |
dabei. Er hat seine zwei neuen Biersorten Lune und Terre vorgestellt. Die | |
Gelegenheit war günstig. Die Käsefans kamen aus ganz Europa angereist, um | |
Castelmagno, Chevrin und Toma zu kosten. Das Logo mit der Schnecke kennt | |
inzwischen jeder Gourmet auf der Welt. Es ist fast so berühmt wie die | |
Praline mit der Piemont-Kirsche, die Michele Ferrero vor 50 Jahren im | |
benachbarten Alba erfunden hat. | |
Petrinis Bewegung will allerdings nicht nur ein Klub der Feinschmecker | |
sein. In den regionalen Slow-Food-Gruppen treffen sich Verbraucher, | |
Landwirte, Gastronomen und Händler. Ihre Themen sind der Erhalt von Tier- | |
und Pflanzenarten, Lebensmittel zu null Kilometer und Transparenz von | |
Herstellung und Handel. Allein in Deutschland gibt es inzwischen über 80 | |
solcher sogenannter Convivien. Jetzt setzt Petrini auf den Nachwuchs. "Wir | |
sprechen gern von der Generation T. Das sind die jungen Leute, die | |
Traditionen und Biodiversität erhalten möchten und die sich für die | |
Vergangenheit interessieren, aber die Motoren der Veränderung sind", | |
erklärt er. | |
Dass der erste Klub der langsamen Genießer zwischen Alba und Saluzzo | |
gegründet wurde, ist bestimmt kein Zufall. Hier gedeihen edle | |
Köstlichkeiten wie der weiße Trüffel und die rubinroten Nebbiolo-Trauben, | |
aus denen je nach Lage Roero, Barbaresco oder Barolo gekeltert wird. Es | |
gibt aber auch genug Osterien, die jene traditionelle Bauernküche bieten, | |
die Petrini erhalten möchte. In den Restaurants wird sie modernisiert und | |
verfeinert, so auch von Chefkoch Marco Ghione im Ristorante del Castello | |
della Manta nahe Saluzzo. Eines seiner starken Angebote ist die | |
Huhnterrine. In seinen Topf kommt aber nur das weiße Huhn aus Saluzzo. "Man | |
schmeckt den Unterschied zu jeder anderen Henne", behauptet er. | |
Dieses piemontesische Selbstbewusstsein zeichnete auch die früheren | |
Bewohner des Schlosses aus. Sie haben einen ganzen Saal mit ihren | |
Konterfeis geziert. Die Fresken, deren Hauptbild ein Jungbrunnen ist, sind | |
ein seltenes Beispiel der Spätgotik in Norditalien. Das Schloss wird heute | |
von dem Fondo Ambiente Italiano (FAI) verwaltet. Die Stiftung fördert | |
landesweit den Erhalt und Schutz von Landschaften und Kulturgütern. Sie | |
organisiert aber auch Übernachtungen und Fahrradtouren, beispielsweise zu | |
Slow-Food-Lokalen. | |
Denn das Fahrrad - solange es kein Rennrad ist - passt perfekt zu Petrinis | |
Schnecke. Das Duo hat im Piemont eine große Zukunft. Es gibt hier wie | |
überall immer mehr Radtourismus und den Begriff Slow Bike hat auch schon | |
jemand erfunden. | |
19 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Michaela Namuth | |
## TAGS | |
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