# taz.de -- Neues Wirtschaften beim Fußball: Leuchtende Aktionärsaugen | |
> Der 1. FC Union macht etwas Einmaliges: Er verkauft sein Stadion an | |
> Mitglieder und Sponsoren. Von den Einnahmen wird die Alte Försterei | |
> bundesligatauglich gemacht. | |
Bild: Die Broschüre mit Informationen zur Aktienausgabe lag beim letzten Heims… | |
Auf Plakaten legt sich der 1. FC Union mit den Großen der Fußballwelt an. | |
"Wir verkaufen unsere Seele. Aber nicht an jeden", steht frech neben Fotos | |
von Italiens Expremier Silvio Berlusconi, dem Macher des Nobelclubs AC | |
Mailand, und Sepp Blatter, seines Zeichens Präsident des Weltverbands Fifa. | |
Keine Frage: Um den geplanten Bau der neuen Haupttribüne im Köpenicker | |
Union-Stadion An der Alten Försterei mit 3.500 Sitzplätzen, Restaurants | |
sowie VIP-Logen zu bewältigen, rütteln die "Eisernen" werbewirksam an der | |
Hierarchie der Ballbranche. | |
Union-Präsident Dirk Zingler will für das rund 15 Millionen Euro teure | |
Bauvorhaben in der Wuhlheide die Getreuen des Vereins zu Stadionbesitzern | |
machen. "Das Stadion An der Alten Försterei ist die Seele des 1. FC Union, | |
die Heimat unserer Fußballkultur. Es soll denen gehören, die Fußball | |
lieben, wie wir ihn seit Jahrzehnten an diesem Ort erleben", verkündete er. | |
Das sind reichlich ungewohnte Töne im Weltfußball, aber nicht unbedingt bei | |
Union. Vor drei Jahren sorgten Fans der Eisernen international für | |
Aufsehen, als sie ihr "Wohnzimmer", wie sie das Stadion nennen, in | |
Eigenregie modernisierten. Jetzt soll der nächste Coup gelingen. | |
Für den projektierten Eigentümerwechsel am Stadion hat der 1. FC Union | |
seine Stadionbetriebsgesellschaft GmbH & Co. KG, die bisher dem Verein (zu | |
rund 67 Prozent) sowie einigen Unternehmen von Funktionären gehört, in eine | |
Aktiengesellschaft umgewandelt. Ziel ist es, etwa 59 Prozent der Anteile an | |
der neuen Stadionbetriebs AG an Vereinsmitglieder und -sponsoren zu | |
veräußern. Dadurch soll das Stammkapital der Stadiongesellschaft - bisher | |
3,5 Millionen Euro - erhöht werden. | |
Zu diesem Zweck gibt Union vom 1. Dezember bis zum Jahresende insgesamt | |
10.000 Aktien an der Alten Försterei zu jeweils 500 Euro aus, pro Erwerber | |
höchstens zehn Anteilsscheine. Mit dem Kapitalzufluss von maximal fünf | |
Millionen Euro wollen die Eisernen den Tribünenbau leichter stemmen. Für | |
das Bauvorhaben, das im Sommer 2012 beginnen soll, hat der Club als | |
Darlehensgeber die DKB-Bank mit 6 Millionen Euro, Marketingpartner UFA | |
Sports (2,5 Millionen), ein noch nicht näher benanntes Bauunternehmen (2 | |
Millionen) sowie den Verein selbst mit seinen Sponsoren (1,5 Millionen) | |
gewonnen. Das Land Berlin steuert 3 Millionen Euro aus seinem | |
Vereinsinvestitionsprogramm bei. | |
Mit dem Erlös aus der Aktienausgabe will Union die Verbindlichkeiten | |
schnellstmöglich zurückzahlen, um den Anteil von Fremdkapital an der | |
Wuhlheide-Arena zu senken. "Am Ende wird Union in einem | |
bundesligatauglichen Stadion spielen, dessen Fremdkapitalanteil unter 40 | |
Prozent liegen soll. Das ist im Vergleich zu den meisten anderen | |
Stadionbauten in Deutschland eine sensationelle Quote", erläuterte Zingler. | |
## Aktien unterm Baum | |
Am vergangenen Sonntag präsentierte der Präsident in der Ballsporthalle an | |
der Hämmerlingstraße in Köpenick den mehr als 2.000 erschienenen | |
Mitgliedern das Vorhaben. Auch die vereinseigene Profimannschaft hatte sich | |
unters Volk gemischt. Mannschaftskapitän Torsten Mattuschka hatte im | |
Vorfeld angekündigt, sich wahrscheinlich "ein, zwei Stadionaktien" unter | |
den Weihnachtsbaum legen zu wollen. "Ich höre mir das erst mal an", sagte | |
dagegen der Brasilianer und Eisernen-Torjäger Silvio. | |
Nennenswerten Widerstand gegen seinen Plan musste Zingler in der | |
Versammlung nicht brechen. Selten hat man an einem Volkstrauertag so viel | |
Applaus vernommen. Den weniger betuchten Vereinsmitgliedern, die | |
Stadionmitbesitzer werden wollen, räumt der Club eine Ratenzahlung ein. | |
"Wir wissen, dass 500 Euro gerade für Unioner nicht wenig ist", erklärte | |
Zingler. Viele Eisernen-Fans verließen nach der Veranstaltung die | |
Sporthalle mit leuchtenden Aktionärsaugen. | |
15 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Schulz | |
## TAGS | |
FC Union | |
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