# taz.de -- Quantencomputer: Ein einzelnes Atom als Speicher | |
> Quantenphysiker haben einen Weltrekord gebrochen und den denkbar | |
> kleinsten Computerspeicher gebaut. Er besteht aus nur einem Atom. | |
Bild: Mittels eines Lasers konnte der quantenmechanische Zustands eines Photons… | |
Immer kleiner und schneller - mit diesem Prinzip war die Computerindustrie | |
bislang äußerst erfolgreich. Doch wahrscheinlich stößt sie jetzt an ihre | |
Grenzen. Einer Forschergruppe um Holger Specht vom Max-Planck-Institut in | |
Garching gelang ein kaum zu brechender Weltrekord der Miniaturisierung. Die | |
Wissenschaftler entwickelten einen Computerspeicher, der lediglich aus | |
einem einzigen Atom besteht. | |
Dies ist aller Voraussicht nach die kleinstmögliche Hardware-Einheit zum | |
Speichern von Informationen. Denn viel kleiner als ein einzelnes Atom kann | |
ein solches "Bauteil" nicht sein. Schließlich speichern Computer ihre | |
Informationen in Form von Bits. Obwohl für die meisten Menschen Bits | |
lediglich abstrakte Zahlen sind - Nullen und Einsen -, müssen Bits in | |
irgendeiner Form in einem Computer als räumliche Gebilde auftreten. | |
Der Gruppe um Specht gelang es, ein Quantenbit, auch Qubit genannt, in | |
einem einzigen Rubidiumatom zu speichern. Im Gegensatz zu einem | |
gewöhnlichen Bit, das entweder den Zustand 0 oder den Zustand 1 annehmen | |
kann, entspricht einem Qubit eine Überlagerung dieser beiden Zustände. | |
Herkömmliche Bits können durch magnetische Gebiete auf Bändern oder | |
Scheiben, durch Spannungen in Stromkreisen oder gar durch einfache | |
Bleistiftzeichen dargestellt werden. | |
Die Eigenschaften eines Bits sind unabhängig von der Art seiner | |
Darstellung. Dies trifft auch auf ein Qubit zu. Es kann beispielsweise | |
mithilfe der Polarisation eines Lichtteilchens, des Photons, dargestellt | |
werden. | |
Im Gegensatz zum herkömmlichen Bit kann ein Qubit jedoch unterschiedliche | |
Überlagerungen der beiden Zustände annehmen. Daher rechnet ein | |
Quantencomputer statt mit einem speziellen Wert mit allen möglichen | |
Wertekombinationen zugleich. Dies macht es ihm möglich, komplizierte | |
Aufgaben in Sekundenschnelle zu lösen, für die ein gewöhnlicher Computer | |
Jahrzehnte bräuchte oder gar so lange, dass die Aufgaben für ihn praktisch | |
unlösbar sind. | |
## 100 Mikrosekunden | |
Die Wissenschaftler um Specht kodierten Informationen durch den | |
Polarisationszustand eines Photons. Als Nächstes übertrugen sie den | |
quantenmechanischen Zustand des Photons auf ein Rubidiumatom, speicherten | |
ihn dort über 100 Mikrosekunden lang und lasen ihn anschließend wieder in | |
Form eines neuen Photons aus. | |
Damit ihnen dies gelang, mussten die Wissenschaftler eine Schwierigkeit | |
überwinden: Um eine Quanteninformation in einem einzigen Atom zu speichern | |
und auszulesen, war die Wechselwirkung zwischen Atom und Photon bisher zu | |
gering. Daher war es bislang nur möglich gewesen, Quanteninformationen | |
zwischen Photonen und Gruppierungen von Tausenden von Atomen auszutauschen. | |
Die Forscher verstärkten die Wechselwirkung zwischen Atom und Photon durch | |
einen optischen Resonator, in dem das Photon hin- und herreflektiert wurde. | |
In der Mitte des Resonators befand sich das Rubidiumatom. Ein auf das Atom | |
gerichteter Steuerlaser führte das Atom in einen Zustand, dessen | |
magnetische Eigenschaften den Polarisationszustand des Photons wiedergaben. | |
Dieser Zustand war stabil und konnte daher die Information speichern. Durch | |
erneutes Einstrahlen des Steuerlasers wurde die Information ausgelesen. | |
## Vernetzte Quantencomputer | |
"Quantenbits mithilfe schneller Lichtteilchen zu transportieren und sie in | |
einzelnen Atomen an einem Ort festzuhalten und zu verarbeiten, ist von | |
großer Bedeutung für zukünftige Quantencomputer", erklärte Specht. Mithilfe | |
seines Verfahrens könnten Quantencomputer weltweit miteinander vernetzt | |
werden. Doch wie lange es dauert, bis dies Wirklichkeit wird, ist derzeit | |
noch unklar. | |
Denn Quantenphysiker kämpfen zurzeit mit einer Schwierigkeit: Quantenbits | |
sind hochsensibel. Bereits geringste Energieeinträge aus der Umwelt reichen | |
schon aus, um einen quantenmechanischen Zustand zu zerstören und damit auch | |
die gespeicherte Information. | |
Etwas seltsam mutet es daher an, dass vor Kurzem eine kanadische Firma | |
einen Quantencomputer zum Verkauf anbot. Angeblich soll dieser | |
Quantencomputer über einen gut funktionierenden 128-Qubit-Prozessor | |
verfügen. "Zwar konnten sie zeigen, dass ihr Computer über acht Qubits mit | |
Quanteneigenschaften verfügt, doch dies ist noch lange kein Beweis für | |
einen schnell arbeitenden 128-Qubit-Prozessor", meinen Kritiker. "Noch ist | |
der Weg zum funktionsfähigen Quantencomputer sehr lang." | |
18 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Claudia Borchard-Tuch | |
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