# taz.de -- DNA als Speichermedium: Shakespeare in der Petrischale | |
> Wissenschaftler haben Sonette von Shakespeare auf DNA gespeichert und | |
> wieder dekodiert. Mit der Methode könnten Daten künftig Jahrtausende | |
> überdauern. | |
Bild: So könnten die Archive der Zukunft aussehen: Repräsentation von menschl… | |
Wissenschaftler vom European Molecular Biology Laboratory ([1][EMBL]) haben | |
es geschafft, Shakespeares Sonette und Martin Luther Kings Worte „I have a | |
Dream“ [2][auf DNA zu speichern]. Wie eine winzige Menge Staub sehe es aus, | |
schreiben die Autoren über das Ergebnis jahrelanger Arbeit. | |
Der Vorstoß aus dem heidelberger Institut ist vor allem interessant für die | |
dauerhafte Speicherung großer Datenmengen. Schließlich ist DNA sehr haltbar | |
und kompakt. 100 Millionen Stunden hochauflösendes Filmmaterial würden in | |
eine kleine Teetasse DNA-Material passen. Einmal vollständig synthetisiert, | |
könnte diese Tasse voller Filmmaterial noch in vielen Tausend Jahren | |
abgerufen werden. CDs können dagegen nach spätestens 50 Jahren nicht mehr | |
gelesen werden. | |
Die Wissenschaftler des EMBL haben für die Speicherung erstmals eine | |
Kodierung entwickelt, eine kommerzielle Nutzung der DNA für Archivare in | |
Aussicht stellt. In den vergangenen 30 Jahren hatten Forscher immer wieder | |
Versuche angestellt, die DNA als Biodatenträger zu etablieren. Dabei sind | |
durchaus auch schon vorzeigbare Ergebnisse generiert worden. „Die | |
Dekodierung und Kodierung von DNA ist heute eigentlich kein Problem mehr“, | |
erklärt Ralf Zimmer von der Ludwig Maximilian Universität München der taz. | |
„Wissenschaftlich wird das heute schon im großen Stil gemacht.“ Erst vor | |
einem halben Jahr ist es dem [3][Harvard-Professor George Church] gelungen, | |
sein eigenes Buch auf DNA zu speichern. | |
Dass die Versuche bislang jedoch kein massentaugliches Modell | |
hervorbrachten, lag vor allem an den technischen Möglichkeiten. Anders als | |
im menschlichen Körper können Daten künstlich nur auf sehr kurze Stränge | |
übertragen werden. Die Sequenzen, in die Daten üblicherweise übersetzt | |
werden, sind wesentlich länger. Jede Datei muss bei der Speicherung auf DNA | |
so in kleine Fragmente zerstückelt werden. Diese Fragmente dann wieder | |
zusammenzusetzen führt in der Regel zu schwerwiegenden Dekodierungsfehlern. | |
## Aus der Not eine Tugend gemacht | |
Geht ein Fragment verloren, verschiebt sich die gesamte Datenfrequenz. „Wir | |
waren uns bewusst, dass wir für unseren Code lediglich kurze DNA-Stränge | |
verwenden durften. Außerdem musste er so beschaffen sein, dass eine | |
Wiederholung desselben Buchstabens praktisch ausgeschlossen war,“ berichtet | |
Projektmitarbeiter Erwin Birney. | |
Die Forscher generierten für den aktuellen Versuch einen sehr langen | |
DNA-Strang, zerstückelten diesen allerdings und nummerierten die Fragmente. | |
Damit haben sie aus der Not eine Tugend gemacht. Anders als bei einer | |
durchgehenden Sequenz führt der Verlust eines Teilstücks so nicht zur | |
Veränderung des gesamten Codes, sondern lediglich zu einer Lücke. Auf einem | |
Foto würde so nur ein Pixel fehlen. | |
Dass aus der Theorie auch Praxis werden kann, stellten die Wissenschaftler | |
auch unter Beweis. Erstmals ist nicht nur die Kodierung sondern auch die | |
unabhängige Entzifferung der DNA geglückt. Mitarbeiter des Institutes | |
konnten Shakespeares Sonette wieder fehlerfrei herstellen. | |
## 10.000 Jahre haltbar | |
Nick Goldman vom EMBL ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden: „Wir haben einen | |
fehlertoleranten Code entwickelt, der sich einer molekularen Form bedient, | |
von der wir wissen, dass sie unter günstigen Bedingungen 10.000 Jahre oder | |
länger halten kann.“ | |
Ein breiter oder gar privater Einsatz der Technik scheitert aktuell noch am | |
Preis. Die Speicherung von einem einzigen Megabyte kostet momentan rund | |
9.500 EUR, das Dekodieren um die 170 EUR. Im EMBL gehe man aber davon aus, | |
die Datenspeicherung auf DNA für die Archivierung von Daten in den nächsten | |
zehn Jahren profitabel zu machen. | |
28 Jan 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://www.embl.de/ | |
[2] http://www.ebi.ac.uk/Information/News/press-releases/press-release-01232013… | |
[3] http://arep.med.harvard.edu/gmc/ | |
## AUTOREN | |
Thomas Block | |
## TAGS | |
DNA | |
Daten | |
William Shakespeare | |
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