# taz.de -- Trendwende in der Eurokrise: Anleger flüchten in die USA | |
> Kapital fließt in großen Mengen aus den kriselnden Ländern Südeuropas ab. | |
> Bislang profitierte Deutschland davon. Inzwischen sind die Vereinigten | |
> Staaten Nutznießer. | |
Bild: Sieht den Anlegern aus Europa entgegen: Georg Washington. | |
BERLIN taz | Bislang haben vor allem die angeschlagenen Länder Italien und | |
Spanien unter dem Kapitalabfluss der Anleger gelitten. Viel Geld wanderte | |
stattdessen in Bundesanleihen – was der Bundesregierung bei der | |
Schuldenaufnahme niedrige Zinsen bescherte. Doch mit diesem Zinsvorteil | |
könnte es hierzulande schon bald vorbei sein. Denn die Krise frisst sich | |
immer weiter auch nach Deutschland vor. | |
Wie aus einer aktuellen Analyse der US-amerikanischen Bank Morgan Stanley | |
hervorgeht, sind die Zinsaufschläge für spanische und italienische | |
Schuldentitel in den vergangenen Tagen drastisch in die Höhe geschossen und | |
schrammten auch am Freitag nur knapp an der psychologisch wichtigen Grenze | |
von sieben Prozent vorbei. Die Zinsen für Bundesanleihen sinken allerdings | |
auch nicht mehr. | |
Was zugleich noch auffällt: Obwohl die USA am Donnerstag den | |
Rekordschuldenstand von 15 Billionen US-Dollar vermeldete, der | |
Schuldenstreit in Washington politisch weiter anhält und die sonstigen | |
Wirtschaftsdaten nicht gerade rosig aussehen, ist der Zinssatz für | |
US-Staatsanleihen in den vergangenen Wochen wieder unter die Marke von zwei | |
Prozent gerutscht. | |
"Eine zunehmende Menge an Geld aus peripheren Ländern verlässt die | |
Euro-Zone" und fließe in die USA, heißt es in dem Morgan-Stanley-Bericht. | |
Diese Parallelentwicklung deutet daraufhin, dass inzwischen sehr viel Geld | |
nicht mehr nur innerhalb der Eurozone umgeschichtet wird. Sehr viel Kapital | |
verlässt den Euroraum insgesamt. Oder noch konkreter: Kapital fließt zwar | |
aus Italien und Spanien ab, aber nicht mehr nach Deutschland. | |
## Der Rettungsschirm braucht auch außereuropäisches Kapital | |
Für die Euro-Länder ist das eine alarmierende Entwicklung. Denn sie zeigt, | |
dass die Märkte nicht nur kein Vertrauen in die Krisenländer Südeuropas | |
haben, sondern auch nicht mehr in die bislang als sicher geltenden Staaten | |
Mittel- und Nordeuropas. Die Zinsen von Österreich, Finnland, Belgien, den | |
Niederlanden und Frankreich haben Mitte der Woche neue Rekordstände | |
erreicht. Nun scheinen Anleger zunehmend auch Deutschland zu meiden. | |
Europa verliert Kapital ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem mit dem | |
Rettungsschirm EFSF und weiteren Rettungsmaßnahmen Kapital aus aller Welt | |
dringend benötigt wird. | |
Zur Erinnerung: Die zugesagten Hilfsmilliarden der reichen Euro-Länder für | |
die schwächeren Mitgliedsstaaten sollen mit dem sogenannten Hebel einen | |
vierfachen Finanzeffekt bewirken, indem sie als Sicherheit für weitere | |
Kredite dienen. Dafür aber müssen Investoren aus aller Welt ins Boot geholt | |
werden. Momentan aber geschieht das Gegenteil. | |
"Für eine Lösung der Schuldenkrise geht es inzwischen nicht mehr um die | |
Rolle der EZB", sagte Aktienstratege Jörg Rahm vom Vermögensverwalter | |
Marcard, Stein & Co. Die Europäische Zentralbank (EZB) sei die einzige | |
Instanz mit genügend Macht, "um das Ruder noch herumzureißen". | |
18 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Finanzkrise | |
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