# taz.de -- Bayern unterliegt Borussia Dortmund: Triumph des Angstgegners | |
> Beim 0:1 der Münchner gegen Dortmund wird einmal mehr Bastian | |
> Schweinsteiger vermisst. Auch die taktischen Kniffe von Bayerns Coach | |
> Heynckes funktionieren nicht richtig. | |
Bild: Missratenes Bundesligacomeback: Arjen Robben am Boden. | |
MÜNCHEN taz | Uli Hoeneß war in Form. Er pries seinen Klub, dessen | |
Präsident er ist, als "Hort der Glückseligkeit", lobte und verlängerte den | |
Vertrag von Sportdirektor Christian Nerlinger ("Hut ab! Alle Schwachstellen | |
in dieser Mannschaft sind ausgemerzt"), fabulierte von einer Art | |
"Stadionsucht", die ihn heuer befallen habe, und jubilierte final: "Ich bin | |
selten so stolz auf Bayern München gewesen wie in diesem Moment." | |
Das war am Freitagabend vor 3.235 Mitgliedern auf der | |
Jahreshauptversammlung des FC Bayern. Gut 24 Stunden später schlich der | |
gleiche Präsident in der Münchner Arena schweigsam an den Journalisten | |
vorbei durch die Mixed Zone. Kein Wort, kein Jubel, kein Stolz. | |
Denn: Seine Hortkinder der Glückseligkeit hatten gerade mal wieder gegen | |
Dortmund verloren, zum dritten Mal hintereinander. So was passiert einem | |
Rekordmeister eher selten. Prompt verrutschte dem Kollegen Karl-Heinz | |
Rummenigge die ansonsten so geschliffene Wortwahl: "Schnauze abputzen – und | |
am Dienstag gegen Villarreal gewinnen", verordnete er der Mannschaft. | |
Nulleins im Spitzenspiel der Liga. Statt der möglichen acht haben die | |
Bayern nun nur noch zwei Punkte Vorsprung – und die Erkenntnis, dass | |
womöglich doch nicht alles gülden ist, was zuletzt so verführerisch | |
glänzte. "Wir waren zu brav, wir haben kein Tempo gespielt. Und unser | |
Kollektiv-Defensivverhalten war nicht so ausgeprägt wie gewohnt", versuchte | |
Jupp Heynckes zu erklären. | |
## Fremdkörper Robben | |
Ob es an seiner Rochade lag? Zur allgemeinen Überraschung hatte der | |
Bayern-Coach Arjen Robben in die Startelf beordert – und somit die Statik | |
des zuletzt so harmonischen Bayern-Spiels verändert. Robben spielte wie | |
jemand, der sehr lange nicht mehr in einem Pflichtspiel auf dem Rasen | |
stand. 72 Minuten lang versuchte er ins Spiel zu finden – vergebens. Selbst | |
ein Klassespieler wie der Holländer kann sieben Wochen Wettkampfpause nicht | |
einfach abschütteln. | |
Nach Bastian Schweinsteigers Schlüsselbeinbruch hatte Heynckes noch die | |
"kleine Lösung" propagiert und gesagt, man sollte in einer funktionierenden | |
Mannschaft nur punktuell wechseln – was er dann auch getan hatte: David | |
Alaba für Schweinsteiger. Gegen Dortmund aber traute er es der Doppel-Sechs | |
Alaba/Luiz Gustavo offenbar nicht zu, das starke Mittelfeld des Meisters in | |
Schach zu halten, wollte lieber mehr Erfahrung im Mittelfeld und auf dem | |
Platz, zog Toni Kroos zurück ins defensive Mittelfeld – mit der | |
Nebenwirkung, dass die Offensive nicht ins Rollen kam. | |
Nach der fehlenden Kreativität im Bayern-Spiel gefragt, stammelte Robben | |
zunächst nur: "Ich weiß auch nicht", fand dann aber doch noch einen Aspekt: | |
"Wir hatten Probleme, das Spiel zu verlagern. Von links nach rechts haben | |
wir die rechte Seite nicht schnell genug gefunden. Aber das wird besser." | |
Das gedankenschnelle 1:0 durch Mario Götze gegen den kurzzeitig | |
desorientierten Jerome Boateng lässt die Spitze nun wieder schön eng | |
zusammenrücken. "Alle die, die gemeint haben, die Meisterschaft ist | |
Weihnachten entschieden, können sich auf eine spannende Saison freuen", | |
säuselte Bayern-Sportdirektor Nerlinger. Die Dortmunder bleiben der | |
Angstgegner von Heynckes, der gegen keinen Klub so viele Heimniederlagen | |
(6!) kassiert hat. | |
BVB-Profi Kevin Großkreutz weiß auch, warum das so ist: "Wir sind einfach | |
eine geile Truppe." Kein Widerspruch, nirgends. Selbstverständlich auch | |
nicht von BVB-Coach Jürgen Klopp, der ob des Sieges fast in Verzückung | |
geriet: "Ich glaube, dass meine Mannschaft gegen den Ball ein unfassbar | |
gutes Spiel gemacht hat. Wir haben die Bayern zu mehr Fehlpässen gezwungen, | |
als sie in den letzten beiden Jahren zusammen gespielt haben." | |
20 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Thomas Becker | |
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