# taz.de -- Gasbranche in den USA: Rückschlag beim Fracking | |
> Aus Sorge um das Trinkwasser wird die Fördertechnik in Delaware fürs | |
> Erste gestoppt. Die Gasbranche bestreitet, dass die Tätigkeit eine | |
> Umweltbelastung darstellt. | |
Bild: "Unnatürlich, unethisch, ungeliebt, unsicher": Anti-Fracking-Protest in … | |
WASHINGTON taz | Für die Gasbranche in den USA ist es der schwerste | |
Rückschlag seit Jahren: Sie hatte erwartet, dass sie an diesem Montag | |
grünes Licht für die Ausweitung der umstrittenen "Fracking"-Bohrtechnik ins | |
Delaware-River-Becken bekommen würde. Stattdessen hat die fünfköpfige | |
Genehmigungskommission ihre entscheidende Sitzung im letzten Moment | |
abgesagt - ohne neuen Termin. | |
Zuvor hatten die beiden benachbarten Bundesstaaten New York und Delaware | |
angekündigt, dass sie gegen das Projekt stimmen würden. "Die zentrale Frage | |
ist, ob bei den Bohrungen die öffentliche und private Wasserversorgung | |
geschützt ist", hat der Gouverneur von Delaware, Jack Markell, gesagt. Und | |
hinzugefügt: "Ich habe Anlass zur Sorge." Maya van Rossum vom "Delaware | |
Riverkeeper Network" sieht dahinter die Stärke der Umweltbewegung: "Wir | |
haben die Politiker gezwungen, sich um diese Sache zu kümmern." | |
Das Delaware-River-Becken versorgt 15 Millionen Menschen an der Ostküste | |
mit Trinkwasser. Zugleich interessiert sich die Gasbranche für das Gebiet, | |
denn mehrere Kilometer darunter befinden sich große Gasvorkommen im | |
Schiefer. Ihre Erschließung wird mit Hilfe des "Hydraulic | |
fracturing"-Verfahrens - genannt Fracking - finanziell interessant. Bei | |
dieser Technik wird ein Gemisch aus Chemikalien, Sand und viel Wasser unter | |
großem Druck in das Gestein gejagt, um den Schiefer zu brechen und das Gas | |
freizusetzen und an die Oberfläche zu bringen. Anschließend werden die | |
giftigen Abwässer in tiefe Erdschichten injiziert. | |
## "Schwarzes Wasser und Benzingestank" | |
Seit Mitte des vergangenen Jahrzehntes sind quer durch die USA Tausende von | |
Fracking-Bohrstellen entstanden. Doch das Verfahren ist umstritten. Es | |
gefährdet nach Ansicht von KritikerInnen sowohl das Grundwasser als auch | |
Oberflächengewässer. An manchen Orten ist Leitungswasser ungenießbar | |
geworden, und es häufen sich gesundheitliche Beschwerden. | |
Im Ort Pavillion im Bundesstaat Wyoming etwa, wo Hunderte von | |
Gasbohrstellen entstanden sind, klagen AnwohnerInnen über "schwarzes Wasser | |
und Benzingestank" aus ihren Wasserhähnen. Die US-Umweltbehörde EPA listet | |
in einer aktuellen Studie zahlreiche krebserregende Stoffe auf, die sie in | |
Wasserproben in Pavillion gefunden hat: Benzol in der 50-fachen | |
Konzentration der zulässigen Menge, Phenol, Azeton, Toluol, Naphthalin und | |
Spuren von Diesel. | |
Eine größere, nationale Studie der EPA über die Wechselwirkung zwischen | |
Fracking und Wasser ist noch in Arbeit. Sie soll bis 2014 fertig sein. Die | |
EPA will darin auch Regeln für den Umgang mit den beim Fracking | |
produzierten großen Mengen von giftigen Abwässern entwickeln. | |
Die Gasbranche bestreitet, dass ihre Tätigkeit eine Umweltbelastung | |
darstelle. Die Untersuchungen der EPA betrachtet sie als "Einmischung" aus | |
Washington. Der frühere Präsident George W. Bush hatte Fracking von den | |
nationalen Wasserschutzauflagen befreit und die Regelung und Überwachung | |
ausschließlich den Bundesstaaten überlassen. Dort waren die Gasförderer | |
fast überall schneller als ihre Kontrolleure. Und dort sind die Auflagen - | |
falls überhaupt vorhanden - grundverschieden. In Pennsylvania etwa, wo | |
nicht weit westlich des Delaware-River-Beckens viel und ungehindert | |
gefrackt wird, muss die Gasbranche für das Fracking nicht einmal Steuern | |
zahlen. | |
20 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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